25.11.2011
Presseinformation
Berufsverband legt umweltmedizinische Praxisleitlinie vor
- etwa 5% der Bevölkerung sind betroffen
Seit der Geburt der Umweltmedizin in den 80er Jahren wird in der Wissenschaft über die
Ursachen der Symptome umweltmedizinischer Patienten kontrovers diskutiert, ohne dass bis
heute ein Konsens gefunden wäre. Während die einen Schadstoffe in unserer Umwelt für
vielfältige Gesundheitsstörungen verantwortlich machen, vermuten andere, dass nur
psychische Störungen der Betroffenen oder gar eine Massenhysterie alle Symptome
erklären könnten.
„Eine Einigkeit auf Seiten der Wissenschaft ist nicht in Sicht, die Patienten mit ihrer
Betroffenheit gibt es trotzdem“ erklärt Dr. Frank Bartram, Vorsitzender des Deutschen
Berufsverbandes der Umweltmediziner (dbu). „Auf etwa 5% der Bevölkerung in der EU wird
die Häufigkeit umweltmedizinischer Erkrankungen geschätzt. Allein einer von 200 Mitbürgern
ist sogar von einer so ausgeprägten Chemikalienempfindlichkeit betroffen, dass er täglich
Symptome hat. Das zeigen Umfragen und Studien“, erläutert Bartram.
Sowohl die im Berufsverband organisierten niedergelassenen Ärzte als auch die Betroffenen
fühlen sich von dieser "Main-Stream-Wissenschaft" im Stich gelassen, die mit ihren meist
eingeschränkten analytischen Methoden im Fall der Umweltmedizin an ihre Grenzen stößt.
Denn wie kann ein Einzelfall wissenschaftlich begründet werden, der auf vielfältige Weise mit
hunderten von verschiedensten Chemikalien nicht nur an seinem Arbeitsplatz, sondern
zusätzlich in der Wohnung, durch Außenluft und Lebensmittel belastet wird. Kommen noch
andere, in der Bevölkerung häufige Erkrankungen auf den Einzelnen zu (=Vulnerabilität),
oder treffen Belastungen auf individuell besonders empfindliche Menschen, wie
beispielsweise Asthmatiker (=Suszeptibilität), wird es praktisch unmöglich, einer einzelnen
Ursache die vielfältigen Symptom- und Erkrankungsmuster zuzuordnen.
„Jeder Fall ist hoch individuell und muss als ein solcher behandelt werden“, stimmt Dr. Peter
Ohnsorge zu. Der HNO-Arzt, Allergologe und Umweltmediziner, ist gleichzeitig im Vorstand
der Europäischen Akademie für Umweltmedizin e.V. (EUROPAEM).
„Eine standardisierte Bewertung, z.B. anhand von Messwerten im Sinne von Grenz- und
Richtwerten, wie in der Toxikologie und Arbeitsmedizin üblich, hat sich in der Umweltmedizin
als unmöglich erwiesen. Was für einen gesunden Erwachsenen unschädlich zu sein scheint,
kann etwa für ein Kind oder auch einen alten Menschen mit Asthma schädlich sein",
berichtet der Umweltmediziner weiter: "Nicht das Dosis-Wirkungsprinzip bestimmt die
Schädlichkeit einer Belastung, sondern die Summe aus Dosis, Zeit der Einwirkung, Art der
Belastung (z. B. Speichergifte), Mehrfachbelastung, individueller Empfindlichkeit und der
momentanen Möglichkeit des Körpers, zu entgiften."
Die beiden umweltmedizinischen Verbände haben sich nun mit anderen Autoren zu einer
interdisziplinären Autorengruppe zusammengetan und stellen anlässlich des Internationalen
Umweltmedizinischen Symposiums in Würzburg erstmals die „Handlungsorientierte
umweltmedizinische Praxisleitlinie“ dem Fachpublikum vor. Die Leitlinie orientiere sich an der
Realität in der Praxis der niedergelassenen Kollegen, so Bartram und Ohnsorge. Im Kern
wird empfohlen, bei Verdachtsfällen sich nicht allein auf die üblichen Messwerte zu
verlassen. Vielmehr müsse eine individuelle umweltmedizinische Bewertung und Diagnose
anhand der gesamten langzeitigen Krankengeschichte, Laborbefunde und des Verlaufes
durchgeführt werden. Die Leitlinie soll Grundlage der in Praxen, Ambulanzen und Kliniken
umweltmedizinisch tätigen Ärzte sein.
Sie macht Handeln möglich, wo bisher nur diskutiert wurde. Die vollständige Leitlinie und ein
Merkblatt der wichtigsten Empfehlungen gibt es auch im Internet unter
http://www.dbu-online.de.">
http://www.dbu-online.de.
Quelle:
http://www.dbu-online.de:">
http://www.dbu-online.de:
Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie.
Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner e.V. (Hrsg.) Berlin, November 2011.
Autoren: Bartram F, Bauer A, v. Baehr V, Bückendorf C-H, Donate H-P, Engelhardt V, Huber W, Klehmet M,
Müller K, Ohnsorge P, Mai C, Träder J-M.
Kontakt:
Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner e.V.
Geschäftsstelle
Volker von Baehr
Siemensstraße 26a
12247 Berlin
Telefon: 030/7715 - 484
FAX: 030/7715 - 484
E-Mail: dbu@dbu-online.de
Internet:
http://www.dbu-online.de
http://www.dbu-online.de/fileadmin/grafiken/Sonstiges/Pressinfo_Leitlinie_2011_12.pdf
http://www.dbu-online.de/index.php?id=482