Dr. med. Volker von Baehr (Berlin) berichtete in seinem Referat
„Allergie auf Zahnersatz - Was passiert im Immunsystem?“, dass
noch vor wenigen Jahren nahezu ausschließlich Allergien auf
Metalle im Fokus des Interesses standen. Für diese Problematik
haben sich der Lymphozytentransformationstest (LTT) und seine
Durchführungsvarianten als valide diagnostische Labormethoden
etabliert. Die rasante Entwicklung der Dentalersatzstoffe, die
Implantologie aber auch die Erweiterung des Wissens über
immuntoxikologische Phänomene und die erkannte Bedeutung
systemischer Entzündungsreaktionen hat die Labordiagnostik für
die Zahnmedizin in den letzten Jahren umfassend erweitert. Für
einige Fragestellungen ist der LTT in seiner Standardausführung
an Grenzen gestoßen. So konnte die Problematik der Titanunverträglichkeit
erst durch breite Anwendung von zytokinbasierten
Testmethoden erfolgreich aufgearbeitet werden. Für
den Nachweis vieler komplexer Ersatzstoffe einschließlich der
Acrylate mussten Standardprotokolle des LTT individuell modifiziert
werden, teilte von Baehr mit. Sensibilisierungen auf organische
Abbauprodukte wie Mercaptane und Thioether seien auf
Grund ihres körpereigenen Ursprungs mit dem LTT gar nicht
nachweisbar, sondern erforderten hochsensitive Zytokinanalysen.
Ähnliche Untersuchungen (Effektorzelltypisierung) erlaubten
heute auch die sichere Zuordnung zum latenten oder zytotoxischen
Reaktionstyp bei bestehender Sensibilisierung.
Über den Nachweis einer hyperinflammatorischen Zytokinantwort
auf Titanoxid informierte dann Dr. med. Frank Bartram
(Weißenburg) ausführlich. Titan ist an sich ein Metall, welches sich
im menschlichen Organismus durch ein sehr gutes Korrosionsverhalten
auszeichnet und im allgemeinen eine bessere immunologische
Verträglichkeit als andere Metalle. Schon seit längerer
Zeit seien allerdings im Rahmen von Gelenkersatz bzw.
Zahnimplantaten bei einigen Patienten unerwünschte inflammatorische
Reaktionen auf Titan bekannt geworden. In einer 2006
publizierten Studie des Instituts für Medizinische Diagnostik
und der Klinik für Transfusionsmedizin der Universitätsklinik
Charité Berlin konnte gezeigt werden, dass die Ursache einer sog.
Titansensibilisierung
eine überschießende proinflammatorische
Reaktion von Immunzellen ist, die bei Patienten nach Kontakt mit
Titanpartikeln auftreten kann. Wie die Studie zeigt, beruhe diese
inflammatorische Reaktion nicht auf der Anwesenheit titianspezifischer
Lymphozyten (daher die negativen Ergebnisse im klassischen
LTT), sondern auf einer erhöhten Entzündungsbereitschaft
unspezifischer Immunzellen wie Gewebemakrophagen und
Monozyten nach Kontakt mit Titanpartikeln, die mit Durchmessern
zwischen 1 und 10 μ grundsätzlich in der Umgebung von Titanimplantaten
gefunden würden.
http://www.umg-verlag.de/umwelt-medizin-gesellschaft/407_t_p.pdf