von Silvia K. Müller » Dienstag 6. November 2007, 19:42
Betr.: Leserbrief zum Artikel „Wenn Parfum zur Ohnmacht führt“ von Frauke Haß in der FR vom 3.11.07
Etwa 1 bis 3% der Bevölkerung leiden unter schweren, aber unerklärlichen Beschwerden, die – entgegen der Behauptungen „offizieller Stellen“ wie dem Institut des Professors Eikmann in Gießen - eindeutig mit einer Chemikalienbelastung in Zusammenhang stehen: chronische Erschöpfung, andauernde Müdigkeit, schwere Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Gedächtnisstörungen, Depressionen, akute Überempfindlichkeitsreaktionen auf Schad- und Fremdstoffbelastungen, Kreislaufstörungen, allgemeines und schweres Schwächegefühl. Darüber gibt es Hunderte von epidemiologischen Studien. Die Krankheitsverläufe sind andauernd und so schwer, dass Arbeitsfähigkeit und Lebensqualität stark eingeschränkt sind. Folge für die Betroffenen ist in der Regel der Ausschluss aus dem Berufsleben, sozialer Abstieg und gesellschaftliche Isolation. Viele Hausärzte, Gutachter, Gerichte, Arbeitgeber, Krankenkassen und selbst die Presse reagieren gleich in einer Art automatischer Gedankenverknüpfung, wenn sie mit einem Fall von MCS (Multiple Chemikalien-Sensitivität) konfrontiert werden (Siehe FR vom 3.11.07): „Unerklärliche Krankheitssymptome“, die mit den üblichen klinisch-internistischen Labortests nicht nachweisbar sind, müssen eine psychische Ursache haben, es handelt sich also um psychosomatische Beschwerden, „Somatoforme Störungen“, oder gar um eine psychisch bedingte Fixierung auf eine Umweltkrankheit, die oft auch „iatrogen verstärkt“, durch bestimmte „ökologisch orientierte“ Ärzte bestätigt werde.
Vielfache wissenschaftlichen Befunde, die von den „offiziellen“ umweltmedizinischen Instituten wie das von Prof. T. Eikmann an der Universität Gießen offenbar nicht zur Kenntnis genommen werden, lehren etwas Anderes: Die Krankheit Multiple Chemikalien-Überempfindlichkeit (MCS) lässt sich sowohl epidemiologisch als auch biochemisch und pathophysiologisch auf einen mittlerweile weitgehend aufgeklärten Mechanismus aus biochemischen Signalketten zurückführen, die zu den beschriebenen Symptomen und zur unspezifischen Überempfindlichkeit gegenüber einer Vielfalt von Chemikalien führen. Im Zentrum dieses Mechanismus steht ein Verstärkungskreislauf, an dem verschiedenen Botenstoffe des Gehirns sowie Entzündungsfaktoren des Immunsystems beteiligt sind. Nach dem Prinzip der positiven Rückkopplung verstärken sich die pathologischen Vorgänge gegenseitig, sodass man es mit einem langandauernden Prozess der Überempfindlichkeit zu tun hat. Wie in einem Puzzlespiel fügen sich die Ergebnisse aus über 2000 wissenschaftlichen Publikationen zu diesem pathologischen Mechanismus zusammen, der für viele der so genannten chronischen Multisystem-Erkrankungen, darunter MCS, das Chronische Erschöpfungssyndrom (CFS), die Fibromyalgie, das Posttraumatische Stress-Syndrom sowie das so genannte Golfkriegs-Syndrom der Soldaten der letzten Kriege am Persischen Golf, charakteristisch ist. Neurotoxische Pestizide vom Typ der organischen Phosphate spielen eine besondere Rolle bei der Auslösung der Überempfindlichkeit.
Man kann davon ausgehen, dass die im FR-Artikel zitierten Experten, darunter Prof. Eikmann, Kenntnis von diesen wissenschaftlichen Fakten haben. Über den Grund, warum sie diese Tatsachen systematisch negieren und betroffene Patienten wider besseres Wissen in die Psychiatrie schicken, wo sie häufig mit den Psychopharmaka gegen ihren Willen erneut Chemikalien ausgesetzt werden, kann man nur spekulieren: MCS ist eine Krankheit, die nicht sein darf! Andernfalls würden Hersteller und Anwender von Chemikalien aller Art, allen voran die von Pestiziden in Lebensmitteln, zur Rechenschaft gezogen. Vielleicht sind es auch Drittmittel aus der Industrie, die die Wissenschaftler an den Universitäten nicht mehr frei forschen lassen und zur Manipulation ihrer Aussagen und Ergebnisse „motivieren“.
Dr. Hans-Ulrich Hill
Dipl. Biol. und Fachtoxikologe, Wiesbaden