(Nicht) Anerkennung von MCS

(Nicht)Anerkennung von MCS

Beitragvon Kira » Freitag 18. November 2011, 22:43

„Umweltbedingte chronische Krankheiten wie MCS oder CFS werden in aktuellen Publikationen häufig nur den „Gesundheitsstörungen“ („Illnesses“) und nicht den eigentlichen Krankheiten („Disease“) zugeordnet, oder die Frage der Zuordnung von MCS/CFS zu einer der beiden Kategorien wird offen gelassen (Spencer, Schur, 2008). Gesundheitsstörunen sind lediglich durch Unwohlsein und vorübergehende Symptome gekennzeichnet, während Krankheiten im eigentlichen Sinne auf wissenschaftlich fundierten Pathomechanismus zurückzuführen sind. Wenn im Falle von MCS eine eindeutige Zuordnung zu den Krankheiten i.e.S. von namenhaften Wissenschaftlern verweigert wird (siehe Spencer, Schur, 2008), so wird absichtlich oder aus Unkenntnis geleugnet, das der Pathomechanismus von MCS als aufgeklärt gelten kann, …...Und dies aus gutem Grund: MCS als anerkannte Krankheit würde die öffentliche Gesundheitsversorgung allgemein und die Umweltmedizin im besonderen stark herausforden hinsichtlich neuer Konzepte und Methoden in Forschung und Praxis, es würde ein Paradigmenwechsel erfordern.
Eingefahrene Systeme sind jedoch träge und tendieren zur Selbsterhaltung. Somit bleibt für die Betroffenen zunächst weiterhin die Stigmatisierung als „nicht anerkannte Patienten“, Simulanten , psychiatrische Fälle usw. bestehen, bis sich der Stand der Wissenschaft der Umweltmedizin im medizinischen Ausbildungs- und Praxisbetrieb nach Jahrzehnten des Verharrens auf etablierten Lehrmeinungen durchgesetzt hat.“

aus: Hill, Huber,Müller: Multiple Chemikalien-Sensitivität,2010, Seite293
"Wo der Mut keine Zunge hat, bleibt die Vernunft stumm."
(Jupp Müller, deutscher Schriftsteller)

Bloggen statt Schweigen
Benutzeravatar
Kira
Alleswisser
 
Beiträge: 10331
Registriert: Dienstag 15. September 2009, 13:56

(Nicht)Anerkennung von MCS

Beitragvon Leckermäulchen » Freitag 18. November 2011, 23:41

Offizielle aktuelle Publikationen „müssen“ ja verharmlosende Umschreibungen verwenden, um systemkonform bleiben zu können.

Eiskaltes Kalkül, jahrzehntelange Zermürbungstaktik nicht zuletzt durch immer wieder neue wie Pilze aus dem Boden schießende sExperten, die dankbar vom Gesundheits- und Sozialsystem angenommen werden, da sie ja viel Geld „sparen“ helfen, eine aus unglaublicher krimineller Energie und berechnender Niedertracht geborene Langzeit-Ignoranz von hinreichend und bis zum Erbrechen seit Jahrzehnten bekannten chronischen schweren Gesundheitsschäden… das ist Lobbyarbeit eines Systems, das sich Gesundheitssystem nennt, aber statt dem Hippokratischen Eid zu folgen dem Mammon hörig ist. Es verhindert jeglichen Aufbau wirksamer gesunder Strukturen. Da brauchen wir uns nicht wundern, wenn es stetig weiter rückwärts geht. Die Vernunft ist längst der Gier gewichen.

Wohin die Umweltmedizin abdriftet, wurde schon diskutiert, das Eis wird immer dünner.

Bis zur allgemeinen Anerkennung von MCS wie es bei pharmaindustriefreundlichen Krankheiten längst gang und gäbe ist wird es in solch einem System wohl noch Jahrtausende dauern.

Ich empfinde zutiefsten Abscheu dabei, bei so einem System von „Gesundheits“-System zu sprechen.

Ein kleines aktuelles Beispiel:
Denn ich habe erst kürzlich wieder eine Erfahrung machen müssen auf einem Behandlungsstuhl. Ich brauchte gar nichts zu sagen, ein junger, oberlehrerhafter neunmalkluger Weißkittel hat mich zunächst weitschweifig darüber aufgeklärt, dass er „etliche Fälle wie mich schon kennt“, um mir dann ernsthaft nahezulegen, erst eine Psychotherapie zu durchlaufen, bevor er überhaupt was für mich tun kann. Er fragte mich nur anfangs, was er denn bei mir machen soll und ich sagte, dass die Zahnärztin, wo ich zuvor war, mir empfohlen hat, einen Schneidezahn mineralisieren zu lassen. Das war alles. Ich wollte lediglich wissen, ob er das macht und womit.
Den Vorsatz habe ich mittlerweile fallenlassen.
Leckermäulchen
Forenlegende
 
Beiträge: 1645
Registriert: Donnerstag 8. November 2007, 23:11

(Nicht) Anerkennung von MCS

Beitragvon mirijam » Samstag 19. November 2011, 00:28

Zitat aus dem Buch.

"...dass der Pathomechanismus von MCS als aufgeklärt gelten kann."


Ja, der Pathomechanismus ist tatsächlich schon lange aufgeklärt.


Und ein Jahr später behaupten die Autoren- Zitat:

"6. Ätiopathogenese

Die Erforschung der Ätiopathogenese umweltmedizinischer Erkrankungen steckt noch in den
Kinderschuhen."

Siehe Seite 20 in den aktuellen Leitlinien:

http://www.dbu-online.de/fileadmin/grafiken/Sonstiges/Leitlinie_Langfassung_11_2011_Umweltmed.Praxis.pdf
mirijam
 

(Nicht) Anerkennung von MCS

Beitragvon Twei » Samstag 19. November 2011, 02:09

[url]https://secure.wikimedia.org/wikipedia/de/wiki/Pathogenese[/url]
Zitat: "Die Pathogenese (aus griechisch πάθος, páthos „Leiden(schaft), Sucht, Pathos“ und γένεσις, génesis „Entstehung, Schöpfung, Geburt“) beschreibt Entstehung und Entwicklung einer Krankheit mit allen daran beteiligten Faktoren. Der mit naturwissenschaftlichen Methoden erfassbare Ablauf eines Krankheitsprozesses wird auch als Pathomechanismus bezeichnet. Die Ursachen einer Erkrankung hingegen werden in der Ätiologie abgehandelt."

Den Pathomechanismus bei MCS oder CFS kann ich erfassen, begreifen und verstehen. Dieses dürfte Wissenschaftlern, Ärzten und Behörden auch nicht schwer fallen. Demnach steht einer eindeutigen Zuordnung in die Kategorie der Krankheiten bei MCS oder CFS eigentlich nichts wissenschaftliches mehr im Wege.

Im Duden steht unter Krankheit: [url]http://www.duden.de/rechtschreibung/Krankheit#Bedeutunga[/url]
"körperliche, geistige oder psychische Störung, die an bestimmten Symptomen erkennbar ist".

[url]https://secure.wikimedia.org/wikipedia/de/wiki/Krank[/url]
"Krankheit im Sinne des Sozialversicherungsrechts ist eine Störung des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens, somit eine Abweichung von der Norm „Gesundheit“. (vgl. § 120 Abs 1 Z 1 ASVG, wonach Krankheit „ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand ist, der die Krankenbehandlung notwendig macht“.)

Der deutsche Bundesgerichtshof hat am 21. März 1958 juristisch definiert: „Krankheit ist jede Störung der normalen Beschaffenheit oder der normalen Tätigkeit des Körpers, die geheilt, d. h. beseitigt oder gelindert werden kann.“ Nach einer neueren Formulierung wird im deutschen Kranken- und Unfallversicherungswesen unter Krankheit „ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf und/oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat“ verstanden (BSGE 35, 10, 12 f.). Dadurch ist der medizinische Krankheitsbegriff nicht deckungsgleich mit dem sozialrechtlichen. Entscheidende Kriterien für die Beurteilung als Krankheit im Sozialrecht sind:
- Behandlungsbedürftigkeit ......
- Wahrnehmbarkeit nach außen .....
- Besserung des Leidens oder Verhütung von Verschlimmerungen (die Behandlung muss nach den Grundsätzen der ärztlichen Wissenschaft erfolgversprechend sein)
Der letzte Punkt kann problematisch für unheilbare Krankheiten sein, da in solchen Fällen keine Besserung möglich ist."

Warum machen die das so kompliziert. Wenn eine Behandlung bei einer unheilbaren Krankheit nicht möglich ist, weshalb sollte dann eine unheilbare Krankheit nur wegen ihrer Unbehandelbarkeit keine Krankheit sein?
Außerdem gibt es ja noch die Wahrnehmbarkeit nach außen, an denen man doch zeitliche körperliche Fehlfunktionen erkennen kann (leider)?

Bei der Ätiologie, also der Ursachen einer Erkrankung, sieht es schon schwieriger aus.
Mein Erkrankungsverlauf und die Entstehung (Pathomechanismus) ist beschreibbar. Die Ursachen meiner Erkrankung sind jedoch sehr vielfältig, sodaß immer Behauptet werden kann, dass dies oder jenes nicht an der Ursache beteiligt gewesen sein kann.
Also kann nur ich mir selbst die Schuld an der Erkrankung an MCS geben. Ich, der so unvernünftig war, Klebstoffe, Öle, Waschmittel, Holzschutzmittel usw. zu benutzen.

Diagnostik: nach Pschyrembel – Klinisches Wörterbuch 259. Auflage 2002. de Gruyter "gr. fähig zu unterscheiden
engl. diagnostic investigation
Sammelbezug für Strategien und Verfahren die zur ärztlichen Untersuchung bei einer GESUNDHEITSSTÖRUNG bzw. Beratungsursache angewandt werden; insbes. Befragung (Anamnese), körperliche, ggf. apparative und Laboruntersuchungen. Bei den i.d. Basisversorgung häufigen uncharakteristischen und meist gutartigen Erkrankungen muss i.d.R. eine gezielte Diagnostik ohne Diagnosestellung (d.h. beisog. abwartendem Offenlassen) praktiziert werden."

Bei einer Gesundheitsstörung müssen doch nicht alle Methoden gleichzeitig angewendet werden oder?
Auch müsste man nicht mit psychisch Kranken Patienten in der Behandlung und im Ansehen Gleichgestellt werden oder?

Also mir wäre lieber, wenn die Definition für Krankheit nachgebessert wird und eine sogenannte Unbehandelbarkeit akzeptiert wird. Schließlich geht es ja auch um "Besserung des Leidens oder Verhütung von Verschlimmerungen", was durch das Ausschließen von Expositionen erfolgt, was zwar keine ärztliche Behandlung, aber eine Eigenbehandlung des Patienten darstellt.
Fazit: Dieses ist eine Behandlung und sieht das tägliche Ausweichen und Vermeiden von Expositionen vor.

Es gibt meines Erachtens nur Probleme bei der direkten Anerkennung der Ursache von MCS, aber nicht bei der Anerkennung der Tatsache an MCS erkrankt zu sein.
Benutzeravatar
Twei
Forumswisser
 
Beiträge: 3756
Registriert: Sonntag 7. August 2011, 00:30

(Nicht) Anerkennung von MCS

Beitragvon Kira » Sonntag 20. November 2011, 10:08

„... Für die von Chemikalien-Überempfindlichkeit betroffenen Patienten haben diese Bedingungen mehre fatale Auswirkungen:
1. Eine Prävention durch wirksame Verminderung der Chemikalien-Exposition im Rahmen der staatlichen Umweltschutz-Politik wird bislang weiterhin verhindert und verzögert, wenn auch das EU-Verfahren zur Verabschiedung der REACH-Verordnung erste schwache Ansätze zu einer Verbesserung aufzeigt.....
2. Gleichzeitig werden die Betroffenen mit dem Makel von psychisch bedingten Krankheiten versehen und entsprechend falsch therapiert.
3. Andere Krankheitsursachen und Diagnosen werden erst garnicht erwogen.
4. Klinische Forschungen zu diesen Krankheiten werden meist nicht finanziert und garnicht erst begonnen. ….“
aus Hill, Huber,Müller: Multiple Chemikalien-Sensitivität,2010, Seite 298
"Wo der Mut keine Zunge hat, bleibt die Vernunft stumm."
(Jupp Müller, deutscher Schriftsteller)

Bloggen statt Schweigen
Benutzeravatar
Kira
Alleswisser
 
Beiträge: 10331
Registriert: Dienstag 15. September 2009, 13:56

(Nicht) Anerkennung von MCS

Beitragvon Kira » Mittwoch 23. November 2011, 10:01

hier kann man mehr erfahren bzw. weiterlesen
viewtopic.php?t=16581
"Wo der Mut keine Zunge hat, bleibt die Vernunft stumm."
(Jupp Müller, deutscher Schriftsteller)

Bloggen statt Schweigen
Benutzeravatar
Kira
Alleswisser
 
Beiträge: 10331
Registriert: Dienstag 15. September 2009, 13:56


Zurück zu Umweltmedizin / Medizin / Umweltpolitik in Deutschland

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast

cron