"Das Trinkwasser in Deutschland gilt als besonders sauber - und doch finden sich Arzneimittelrückstände in dem kostbaren Lebensmittel. Zehn Wirkstoffe seien mehrfach nachgewiesen worden, darunter der Blutfettsenker Bezafibrat, das Antirheumatikum Diclofenac, Röntgenkontrastmittel oder das Schmerzmittel Ibuprofen, sagt der Toxikologe Hermann Dieter vom Umweltbundesamt. Bei anderen gebe es einen oder einige wenige Befunde.
"Die nachgewiesenen Mittel im Trinkwasser sind zwischen 100 und eine Million Mal niedriger als die verschriebene Tagesdosis", erklärt Dieter. Das bedeute aber nicht, dass sie unbedenklich seien: "Eine Quantifizierung des Risikos auf einer wissenschaftlich fundierten Grundlage ist noch nicht möglich. Ich sehe hier unbedingt mehr Forschungsbedarf." Vor allem die Wirkung, die sich ergeben könne, wenn Verbraucher viele Jahre lang mehrere Wirkstoffe gleichzeitig in geringen Konzentrationen über das Trinkwasser zu sich nähmen, sei noch unklar. Bei Fischen, die an Kläranlagen-Ausgängen leben, wurden nach Östrogen-Aufnahme Geschlechts-Umwandlungen beobachtet. Dieter sieht dennoch keinen Anlass, auf Leitungswasser zu verzichten. Aber: "Das Problem nimmt zu und wir müssen jetzt etwas tun."
Die Rückstände geraten vor allem durch menschliche Ausscheidungen ins Abwasser und werden von den Kläranlagen nicht gefiltert. So mancher werfe abgelaufene Arznei auch einfach ins Klo.
"Wir wollen erreichen, dass Substanzen, die im Trinkwasser nichts zu suchen haben oder deren Wirkung noch nicht bekannt ist, auf einen Minimalwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter Trinkwasser reduziert werden", sagt Professor Martin Exner, Vorsitzender der Trinkwasserkommission. Vor allem aber müsse die Abwasseraufbereitung technologisch aufgerüstet werden - gefragt seien etwa Nano- oder Mikrofiltration oder Aktivkohlverfahren.
Ein europaweit beachtetes Pilotprojekt zur Aufbereitung von Abwässern aus einem Krankenhaus läuft derzeit im Oberbergischen Waldbröl unweit von Köln."
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