Zitate aus
S3- Leitlinie „Nicht-spezifische, funktionelle und somatoforme
Körperbeschwerden“ (051/001): Langfassung
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Empfehlung 73: Subjektive Ursachenüberzeugungen des Patienten („Laienätiologie“, z.B. umstrittene
toxikologische Annahmen bei umweltbezogenen Beschwerden) sollten frühzeitig erfragt werden, auch um
später bei der Erweiterung in Richtung auf ein biopsychosoziales Krankheitsmodell daran anknüpfen zu
können (Praxistipp 8.3.). Dabei sollte dem Patienten ausdrücklich mitgeteilt werden, dass seine eigenen
Annahmen für die Einschätzung der Beschwerden wichtig sind (Evidenzgrad: 3).
CAVE: Somatische Erklärungsmodelle werden oft, gerade zu Beginn des Krankheitsverlaufs, durch
inadäquates ärztliches Verhalten gefördert!
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Empfehlung 99: Dem Patienten sollten die Beschwerden in anschaulicher Weise erklärt werden, z.B. durch das
Vermitteln psychophysiologischer Zusammenhänge (Psychoedukation; z.B. Stressphysiologie,
Teufelskreismodelle; Praxistipp 9.9.) (Evidenzgrad 2). Dabei sollte an die subjektive Krankheitstheorie des
Patienten angeknüpft und nach und nach ein biopsychosoziales Krankheitsmodell aufgebaut sowie eine positive
Beschreibung der Beschwerden („nicht-spezifisch“, „funktionell“, „somatoform/psychosomatisch“, ggf. auch eine
entsprechende Diagnose) angeboten werden (Evidenzgrad: 2b).
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Empfehlung 104: Mögliches Schon- und Vermeidungsverhalten hinsichtlich angenommener Auslöser der
Beschwerden (Bewegung, Anstrengung, Umwelteinflüsse wie Chemikalien, Lebensmittel oder
Lebensmittelzusätze) sollte in der Behandlung thematisiert werden. Eine Tolerierung kurzfristiger Schonung und
Vermeidung zur Angstminderung und Beziehungsstabilisierung kann im Einzelfall sinnvoll sein, grundsätzlich sollte
aber zur (Wieder-)Aufnahme sozialer und körperlicher Aktivität und zur (Re-) Exposition geraten werden
(Evidenzgrad: 2).
Empfehlung 105: Die mögliche Nutzung verschiedener Selbsthilfestrategien (z.B. Internetforen,
Selbsthilfegruppen und Patientenratgeber) sollte in der Behandlung thematisiert werden (Evidenzgrad: 5)
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Praxistipp 9.3.: Gestufte Aktivitätssteigerung (ausgehend vom individuellen Aktivitätsverhalten des Patienten):
Bei Müdigkeit und Erschöpfung, Fibromyalgie-Syndrom, Rückenschmerzen sowie umweltbezogenen
Beschwerden besteht ein besonders hohes Risiko zu Schonung, Vermeidung und Rückzug. Hier ist es
besonders wichtig, in kleinen Schritten zur Erweiterung des Bewegungsradius zu ermutigen. Bei diesen
Beschwerdebildern gibt es allerdings auch eine kleine Gruppe übermäßig aktiver Patienten („Durchhaltern“),
denen mit Nachdruck zu nach Art und Umfang angemessenen Aktivitäten geraten werden soll.
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Empfehlung 111: Die Motivation zur psychosozialen Diagnostik bzw. zur Psychotherapie sollte ggf. als ein
wichtiges Behandlungs(zwischen)ergebnis und nicht als Bringschuld des Patienten angesehen werden
(Evidenzgrad: 4).
Der psychosoziale Experte wird zusätzlich „mit ins Boot geholt“, der Patient wird NICHT an ihn „abgegeben“.
Empfehlung112b: Bei schwerer verlaufenden nicht schmerz-dominanten nicht-spezifischen, funktionellen und
somatoformen Körperbeschwerden (z.B. chronisches Müdigkeitssyndrom) sollte eine zusätzliche, zeitlich begrenzte
Gabe von Antidepressiva nur bei relevanter psychischer Komorbidität erfolgen (Evidenzgrad: 2; Kapitel 10.2.;
z.B. NVL-LL unipolare Depression).
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Empfehlung 120b: Psychosoziale Fachkompetenz sollte zunächst im Rahmen eines psychosomatisch/ psychiatrisch/
psychologisches Konsils einbezogen werden ( LL „Konsiliar- und Liaisonpsychiatrie und Psychosomatische
Medizin“). Ein entsprechendes Empfehlungsschreiben (d.h. ein(Arzt-)Brief mit Informationen zum Krankheitsbild
und konkreten therapeutischen Empfehlungen) an den primär behandelnden (Haus-)Arzt wirkt sich wahrscheinlich
günstig auf das Funktionsniveau des Patienten aus und kann Kosten sparen (Evidenzgrad: 1).
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Empfehlung 132: Stationäre Psychotherapie nicht-spezifischer, funktioneller und somatoformer Körperbeschwerden
sollte in einer Klinik mit multimodalem Therapiekonzept (siehe Definition oben: interdisziplinäre Behandlung unter
Einbeziehung von mindestens zwei Fachdisziplinen, davon eine psychosomatische, psychologische oder
psychiatrische Disziplin, nach festgelegtem Behandlungsplan unter qualifizierter ärztlicher Leitung) stattfinden.
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Empfehlung 134: Folgende Haltungen, Denk- und Verhaltensweisen sollten VERMIEDEN werden:
Ein eigenes dualistisches oder hierarchisches Erklärungsmodell („Entweder-Oder-Modell”;
„körperliche Erkrankungen sind wichtiger/ gefährlicher als psychische”, „Krank ist nur, wer
entsprechende somatische Befunde aufweist“)......
Einseitige „Somatisierung“ (Nicht-Einbeziehung psychosozialer Umstände und Beschwerden) bzw.
einseitige „Psychologisierung“ (mangelnde Einbeziehen des Körpers, mangelnde Flexibilität im
Umgang mit somatischen Behandlungswünschen eines Patienten insbesondere in der Initialphase der
Therapie).........
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Empfehlung 135: Folgende Fehler beim diagnostischen Vorgehen sollten VERMIEDEN werden:
Mangelnde psychosoziale Diagnostik:
Mangelnde somatische Basisdiagnostik:
Unnötige oder sogar schädliche Überdiagnostik:
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Empfehlung 141: Bei der Rehabilitation von Patienten mit nicht-spezifischen, funktionellen und
somatoformen Körperbeschwerden sollte primär ein pragmatischer, multimodaler Therapieansatz
verfolgt werden. Dabei sollten in geeigneten Einrichtungen (z.B. Tageskliniken mit entsprechendem
Indikationsspektrum und Therapieangebot), evtl. auch in einer engen Kooperation von Haus- bzw.
somatischem Facharzt und Psychotherapeut, zunächst ambulante Rehabilitationsmaßnahmen
durchgeführt werden, wobei für deren Wirksamkeit keine ausreichenden Daten vorliegen. Stationäre
Rehabilitationsmaßnahmen sollten in Kliniken mit multimodalem Therapiekonzept durchgeführt werden
(Evidenzgrad: 3).
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Empfehlung 143: Der Schweregrad nicht-spezifischer, funktioneller und somatoformer
Körperbeschwerden und die Wahrscheinlichkeit einer Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit sollten –
in Auseinandersetzung mit eventuellen Vorgutachten – nach folgenden Kriterien beurteilt werden
Tabellen 8.2. und 8.3.):
• Konsistente Auswirkungen der Störung in allen Lebensbereichen
• Intensität der Inanspruchnahme des Gesundheitswesens
• Vergeblichkeit adäquater Therapieversuche
• Chronifizierung und Komorbidität
• Einfluss von Aggravation oder Simulation
• Spezielle berufliche Anforderungen (bei der Frage nach Berufsunfähigkeit).
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Empfehlung 148: Bei der Abwägung dieser Prinzipien soll dem „Nicht-Schaden“ relativer Vorrang
gegeben werden.
http://www.funktionell.net /S3-LL%20Nicht-spezifische,%20funktionelle%20und%20somatoforme%20Koerperbeschwerden%20Langfassung.pdf