Psychiatrische und somatische Morbidität bei Patienten mit vermuteter Multiple Chemical Sensitivity (MCS)
Der Nervenarzt
S. Bornschein, C. Hausteiner, Th. Zilker, H. Bickel, H. Förstl
Abstract
Zusammenfassung
Unter Multiple Chemical Sensitivity (MCS) oder auch Idiopathic Environmental Intolerances (IEI) versteht man eine erworbene Störung mit multiplen rezidivierenden Symptomen, die im Zusammenhang steht mit vielfältigen Umwelteinflüssen, die von der Mehrheit der Bevölkerung gut vertragen werden, und deren Symptomatik durch keine bekannte medizinische oder psychische Störung erklärbar ist. Wir untersuchten prospektiv 120 Patienten, die sich innerhalb eines Jahres konsekutiv unter dem Verdacht auf MCS bzw. umweltbedingte Beschwerden in einer umweltmedizinischen Universitäts-ambulanz vorstellten, mit einem strukturierten psychiatrischen Interview (SKID). Daneben wurden internistische Routine- und toxikologische Spezialdiagnostik durchgeführt. Insgesamt konnten bei 100 Patienten eine oder mehrere psychiatrische Diagnosen gestellt werden. 53 Patienten erfüllten die diagnostischen Kriterien für somatoforme Störungen nach DSM-IV. Bei 39 Patienten wurden affektive Störungen in der Vorgeschichte bzw. aktuell diagnostiziert, bei 29 Patienten Angststörungen. In 25 Fällen lagen Substanzabhängigkeit oder -missbrauch (in der Vorgeschichte oder aktuell) vor. 16 Patienten wiesen Persönlichkeitsstörungen auf; bei 9 Patienten waren psychotische Störungen vorhanden.
Dies ist die größte prospektive Studie zum Thema psychiatrische Morbidität und MCS unter der Verwendung eines standardisierten diagnostischen Interviews. Sie zeigt, dass viele Patienten mit umweltbezogenen Beschwerden offenbar an somatoformen Störungen, oftmals aber auch an anderen bekannten psychischen Erkrankungen leiden.
http://www.springerlink.com/content/ap79mwm8e26922we/