Bericht über MCS im Stern/Ausgabe April

Bericht über MCS im Stern/Ausgabe April

Beitragvon Maria » Freitag 13. April 2007, 14:05

Pseudoallergie und Co.

Was sind allergieähnliche Erkrankungen?
Was sind \"unspezifische Überempfindlichkeits-Syndrome\"?

Seit mehreren Jahren tauchen in den Arztpraxen immer häufiger Patienten auf, die unter unspezifischen, schwer zu charakterisierenden Überempfindlichkeiten leiden. Die Beschwerden lassen sich weder allergischen noch pseudoallergischen Ursachen zuordnen und sind meist objektiv schwer fassbar. Viele dieser Menschen haben eine Odyssee zu Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen, zu Umweltberatern, Heilpraktikern bis hin zu Wunderheilern hinter sich, ohne dass ihnen langfristig geholfen werden konnte.

Die Liste der vermuteten Krankheitsauslöser wird von Holzschutzmitteln, Schimmelpilzen und Lösungsmitteln angeführt. Doch in den meisten Fällen lässt sich das mit analytischen Methoden nicht eindeutig bestätigen. Auch die geschilderten Beschwerden lassen sich meist nicht genau eingrenzen. Sie reichen von anhaltender Müdigkeit, Erschöpfung, Kopfschmerzen und Schwindel über schwere Haut- und Schleimhauterkrankungen bis hin zu Gedächtnisstörungen, Reizbarkeit und depressiven Verstimmungen.

Ob Umweltschadstoffe daran beteiligt sind, ist nach wie vor heftig umstritten. Dass sich häufig keine Auslöser nachweisen lassen, könnte auch daran liegen, dass die diagnostischen Möglichkeiten auf diesem Gebiet noch sehr begrenzt sind. Einige Wissenschaftler vermuten eine erhöhte Geruchsempfindlichkeit, andere neurophysiologische Veränderungen in der Reizübertragung. In manchen Fällen gelingt es aber durch ein gründliches, fachgerechtes Nachweisverfahren, echte Überempfindlichkeitsreaktionen zu belegen. Eine Studie des Robert-Koch-Instituts hat gezeigt, dass sich hinter unspezifischen Überempfindlichkeiten eine schwer zu entwirrende Vielfalt von teils allergologischen, teils psychosomatischen und nur sehr selten toxischen Reaktionen verbirgt.

Zu einer möglichen Therapie schreiben die Autoren des \"Weißbuchs Allergie in Deutschland\", eine Behandlung richte sich \"ganz nach den Ergebnissen der intensiven Untersuchungen. Im Vordergrund steht dabei die Meidung der als relevant erkannten Auslösefaktoren, sei es durch die Einhaltung spezieller Diäten oder eine Wohnraumsanierung.\" Auch eine psychosomatische oder psychiatrische Therapie könne hilfreich sein. Insgesamt bestehe ein erheblicher Forschungsbedarf auf diesem Gebiet.

Die Symptomkomplexe werden von verschiedenen Autoren und Experten zu einer Vielzahl von Krankheitsbeschreibungen zusammengefasst, zum Beispiel als multiple chemische Überempfindlichkeit (MCS-Syndrom), krankmachendes Gebäudesyndrom (Sick-Building-Syndrom) oder Ökosyndrom.

Was ist das Sick-Building-Syndrom?

Laut einer internationalen Konvention der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird von einem Sick-Building-Syndrom gesprochen, wenn bei mehr als 10 bis 20 Prozent der Bewohner oder der Beschäftigten in einem Gebäude unspezifische Beschwerden auftreten, die nach Verlassen des Gebäudes rasch wieder abklingen. Die vermuteten Zusammenhänge zwischen einem Aufenthalt in bestimmten Räumen und bestimmten Beschwerden können dabei oft nicht widerlegt, aber auch nicht bewiesen werden. Zum Teil lassen sich die Ursachen in einer mangelhaften Klimatechnik finden. Das Problem ist jedoch, dass viele Faktoren eine Rolle spielen können, die sich möglicherweise auch noch gegenseitig beeinflussen. Wenn selbst ein aufwendiges Analyse- und Diagnoseverfahren zu keinem Ergebnis kommt, muss man davon ausgehen, dass vermutlich auch psychische Faktoren eine Rolle spielen.

Was ist ein Öko-Syndrom?

Unter einem Öko-Syndrom versteht man Krankheitsbilder, die verschiedene Organe betreffen, die mit unterschiedlichen Symptomen einhergehen und meist sehr subjektiv empfunden werden, verbunden mit der Überzeugung, durch Umweltschadstoffe erkrankt zu sein. In der öffentlichen Diskussion wird der Begriff häufig synonym zur multiplen chemischen Sensitivität (MCS-Syndrom) verwendet. Mediziner definieren mit der Bezeichnung jedoch vor allem Beschwerden, die mit chemischen Stoffen in Verbindung gebracht werden, die in äußerst geringen Konzentrationen vorliegen, so dass sie allgemein nicht mehr als schädlich erachtet werden. Mit herkömmlichen Nachweismethoden lässt sich keine eindeutige Ursache für die Erkrankung feststellen.

In einer Studie von Wissenschaftlern der TU München konnte kein Zusammenhang zwischen der Belastung mit bestimmten Chemikalien und den Beschwerden gefunden werden. Die Annahme, dass es so etwas wie ein Öko-Syndrom tatsächlich gibt, hält der Leiter der Studie, Thomas Zilker, deshalb \"für einen Fehlglauben, der sozial verstärkt wird\". Die Mediziner untersuchten über 300 Patienten mit unspezifischen Symptomen, die auf Umweltschadstoffe zurückgeführt wurden. Sie verglichen diese Gruppe mit rund 60 Arbeitern aus der Halbleiter-Industrie, die berufsbedingt mit geringen Mengen von Chemikalien häufig in Kontakt kommen. Bei beiden Gruppen untersuchten die Forscher die Belastung durch Lösungsmittel, Schwermetalle und andere Gifte und überprüften anhand von Befragungen den psychischen Zustand der Personen. Die Untersuchung ergab, dass von den MCS-Patienten fast die Hälfte unter psychosomatischen Störungen litt, gegenüber etwa acht Prozent bei den Arbeitern. Depressionen lagen in einem Verhältnis von 19 zu 3,5 Prozent und Angststörungen sogar in einem Verhältnis von 18 zu 0 Prozent vor. Vieles spricht deshalb dafür, dass psychosomatische und Persönlichkeitsstörungen sowie emotionale Probleme ursächlich eng mit dem MCS-Syndrom verknüpft sind.

Was steckt hinter der massiven Zunahme allergischer Erkrankungen? Wie wirkungsvoll sind neue Medikamente?Welche neuen Forschungsansätze und Präventionsmöglichkeiten gibt es?
Mehr dazu lesen Sie im neuen stern und in der Ausgabe \"Ratgeber Allergie\" von stern Gesund Leben. Das Heft ist ab 4. April im Handel
.

Rüdiger Braun, Christoph Koch
http://www.stern.de/allergie/ueberblick/585237.html?p=3&nv=ct_cb
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Beitragvon Betty Zett » Freitag 13. April 2007, 15:20

Das ist eine richtig üble Sauerei, die sich der Zilker da wieder erlaubt hat.
Es wird Zeit, daß wir gezielt etwas unternehmen,
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"Experten" Chat des Stern

Beitragvon Alex » Montag 16. April 2007, 15:59

Wir sollten uns auf sachliche Weise in den CHAT des Stern einbringen:

http://www.stern.de/allergie/tests/584784.html

Was meint Ihr dazu?
Alex
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Beitragvon Alex » Montag 16. April 2007, 16:43

Ein Forum hat es auch:

http://www.stern.de/ghp-forum/
Alex
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Beitragvon Alex » Montag 16. April 2007, 17:00

Für jeden, der sich ein Bild über Zilker machen möchte, empfehle ich "Zilker" in die
Suchmaschine des Forums einzugeben.
Alex
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Beitragvon Maria » Dienstag 17. April 2007, 12:39

Meinst Du hier im Forum oder vom Stern?

Hast Du beim Stern schon einen Kommentar geschrieben?

Viele Grüsse,
Maria
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Beitragvon Alex » Dienstag 17. April 2007, 16:07

Ich meine bzgl. suchen hier im Forum, wir haben gute Fakten.
Geschrieben habe ich noch nicht, ich arbeite gerade daran und
warte, bis ich abgekühlt bin.

Viele Grüße,
Alex
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Beitragvon Lawya » Dienstag 17. April 2007, 17:06

Ich hatte die Sendung bei SternTV gesehen und war - gelinde ausgedrückt - entsetzt. Aus einem Nichts wurde eine Art "Druchbruch" stilisiert. Hatte mich gleich geärgert, dass ich extra abgewartet hatte.
Ansonsten bin ich dafür, sich an der Diskussion bei Stern etc. zu beteiligen, bis denen auf Fragen die dummen Antworten ausgehen. Ich versuche immer wieder, dort ein Thema reinzudrücken. Irgendwann klappt es vielleicht.

Steffen
Lawya
 

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Beitragvon Didi » Dienstag 17. April 2007, 18:48

An alle, die sich so sehr über den Bericht im Stern ärgern und sich gerne dazu äussern wollen!

Ich hoffe, dass sich möglichst viele MCS-Kranke auf diesen Bericht melden werden, hoffe aber auch, dass diese Reaktionen auf sachlicher Ebene und anständig erfolgen werden. Es wäre schade, wenn die Redaktion durch übertriebene und aggressive Rückmeldungen darin bestärkt würde, dass MCS doch psychisch ist. So würden wir nichts erreichen und uns nur selbst schaden.

Mit lieben Grüssen
Heidi
Mitarbeiterin MCS-Liga Schweiz
Didi
 

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Beitragvon Silvia K. Müller » Dienstag 17. April 2007, 22:58

Hallo zusammen,
genau wie Heidi sagt, wutentbrannte Resonanz schadet uns allen nur.
Wenn Ihr antwortet, dann nur ganz sachlich, schlagt sie mit den eigenen Waffen.
Vielleicht wäre es sogar eine noch bessere Taktik, wenn wir den Schrott ignorieren und uns mit
all unserer Kraft gemeinsam darauf fokusieren die wahren Fakten über MCS zu publizieren.
Wenn jeder ein Stückchen mithilft, können wir es schaffen. Die neuen Studien sind jedenfalls
auf unserer Seite und Veröffentlichungen wie die von Zilker sind schnell durchleuchtet
und dort hin versetzt wo sie hingehören.

Herzliche Grüsse
Silvia
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Silvia K. Müller
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Beitragvon Lukas » Mittwoch 18. April 2007, 04:54

[quote]Die neuen Studien sind jedenfalls
auf unserer Seite und Veröffentlichungen wie die von Zilker sind schnell durchleuchtet
und dort hin versetzt wo sie hingehören.[/quote]



Ja, für uns selber Betroffene sind diese Falschaussagen und Gefälligkeitsgutachten sicher schnell zu erkennen und zu durchleuchten. Nur leider bringt uns allen das nichts. Und zwar so lange nicht, wie dies nicht endlich auch einmal an den für uns [b]wichtigen, bedeutenden[/b] Stellen (Gerichtshöfe, Versicherungen, Ämter, Ärzte, Kliniken etc.) (an)erkannt wird! Und diese Stellen denken ganz und gar nicht daran, diese Zilker-artigen Veröffentlichungen dort hin zu versetzen, wo sie hin gehören (in den Müll). Und das seit Jahrzehnten, und obwohl es seit Jahrzehnten Studien haufenweise gibt, die "auf unserer Seite" sind. Und daran wird sich auch in den nächsten Jahrzehnten nichts ändern, denn das wäre gegen die wirtschaftlichen Interessen der Industrie gerichtet, die es für die o.g. Stellen zu schützen gilt. So ist das. Studien und Beweise hin oder her.

Jeder, der vor Gericht um sein Recht kämpft und all diese unzähligen Studien aus fernen Landen dem Gericht vorlegt, wird erkennen müssen, dass ein simples und unbegründetes "Stimmt ja gar nicht." von irgend so einem dahergelaufenen Zilker ausreicht, sämtliche Studien für das Gericht als uninteressant erscheinen, sämtliche Beweise als ungültig gelten zu lassen. Und sollte doch der extrem seltene Fall einmal eintreten, dass ein Zilker bzw. seine Aussage abgelehnt wird, so stehen ja dann schon irgendwelche Triebichs, Wrbitzkys, Lehnarts und wie sie alle heißen mögen parat...

Grüße
Lukas
Lukas
 

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Beitragvon Lukas » Mittwoch 18. April 2007, 05:02

[color=blue]Richter in weißen Kitteln

Zwielichtige Sachverständige
im Auftrag von BAYER & Co

(ho) Gutachter gelten als unabhängig und unparteiisch. Ihr Urteil entscheidet bei Gericht über die Anerkennung von Ansprüchen durch Gifte am Arbeitsplatz und im Haushalt. Kein Wunder, daß BAYER und andere Großkonzerne alles daran setzen, unternehmerfreundliche "Expertisen" zu erhalten. So lassen sich Milliarden sparen. Doch die Opfer gefährlicher Industriestoffe gehen leer aus, bleiben auf der Strecke.

1960 wurden 24 % aller Krankheiten als berufsbedingt anerkannt und entsprechende Rentenzahlungen bewilligt. 30 Jahre später sinkt die Quote auf 7,5 %. Der Grund für diese Entwicklung: Gefälligkeitsgutachten, die helfen, Milliardenansprüche an die Industrie abzuwehren. Wie die ZDF-Reportage "Gesucht wird ..." (7.1.98) berichtet, sind die Auffassungen der Sachverständigen zu bestimmten Themen den Versicherungen, Chemiekonzernen und Berufsgenossen-
schaften bereits vor der Beauftragung hinlänglich bekannt, die Ergeb-
nisse der Gutachten vorhersehbar. So konnte etwa die "Vereinte Versicherung" in einem Begutachtungsfall zum Thema "Amalgam" mit gutem Grund davon ausgehen, daß der hinzu gezogene Experte Prof. T. Zilker vom Klinikum rechts der Isar/München alle Ansprüche der Geschädigten abwehren würde. Der Kieler Toxikologe Prof. Otmar Wassermann, aufgrund seiner kritischen Expertenmeinung immer wieder unter Beschuß des BAYER-Konzerns geraten und bei Gericht wegen angeblicher Parteilichkeit schlecht gelitten, ereifert sich: "Die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft steht auf dem Spiel." Viele Kollegen, so Wassermann, "maßen sich die Macht an, Richter in weißen Kitteln zu sein." Für Angela Vogel, Geschäftsführerin des Verbandes "Arbeits- und berufsbedingt Erkrankter" in Altenkirch hat die industriefreundliche Gutachtertätigkeit Methode. Viele Sachverständige seien nachweislich Stammgutachter der Unfallversicherungsträger (UVT) und Berufsgenos-
senschaften. Aufgrund lukrativer Aufträge durch die Träger, vornehmlich Großkonzerne, fertigten sie zumeist schlampige Gutachten an, die alle darauf hinaus liefen, daß die Opfer leer ausgingen. Angela Vogel wörtlich: "Solche Gutachter können nicht als unabhängig gelten."

Einer der Gefürchtetsten seiner Zunft ist der Heidelberger Arbeitsmedi-
ziner Prof. Gerhard Triebich. Er soll laut Anklage der Staatsanwaltschaft in mehreren Fällen "unrichtige Gutachten" erstellt haben. Auch ein Gericht in Gelsenkirchen äußerte "erhebliche Zweifel" an Triebichs Unabhängigkeit und warf ihm vor, Stellungnahmen "im Fließbandver-
fahren" anzufertigen. Innerhalb eines einzigen Jahres hat Triebich 259 Gutachten verfaßt. Dazu Otmar Wassermann: "Das kann keine Qualität mehr sein, das ist fabrikmäßige Produktion von Gefälligkeitsgutchten."

ÄrztInnen, die es genauer nehmen, stehen als Gutachter nicht gerade hoch im Kurs, wie etwa der Trierer Nervenarzt Dr. Peter Binz, der sich wiederholt den Zorn von BAYER zugezogen hat, weil er Nervenschäden von Weinbauern und Winzern auf das Uralt-Super-Gift E 605 zurück-
führte, das in großem Maßstab von Hubschraubern auf die Felder und die umliegenden Höfe ausgebracht wird. Selbst die Ärztekammer wurde gegen Binz aufgebracht. Sie urteilte, daß es sich bei von Binz festge-
stellten berufsbedingten Schäden in einer Schuhfabrik um Irrtümer und Falschdarstellungen handele. Obwohl sämtliche Überprüfungen die Richtigkeit der Diagnosen von Binz bestätigt haben, macht sich die eigene Standesorganisation zum Handlanger von Industrieinteressen. Die Berufsgenossenschaften haben Peter Binz über die Ärztekammer ein Verfahren wegen "mangelnder Auskunftswilligkeit" an den Hals gehängt und versucht, ihm die Zulassung absprechen zu lassen.
So wollte man einen unbequemen Arzt und Gutachter loswerden. Doch Dr. Binz konnte nachweisen, daß der ihm zugrunde gelegte Vorwurf, er habe den Kollegen Prof. Dr. Triebich beleidigt, nicht zutreffend war. Binz unterstellte lediglich, was auch die Staatsanwaltschaft beschäftigte, nämlich die Erstellung von Falschgutachten durch Triebich. Diesmal war Dr. Binz noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen. Das Standesverfahren wurde gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt. Doch die Stoßrichtung der Berufsgenossenschaften und der hinter ihnen stehenden Unternehmen ist klar: Wer das industriefreundliche Gutachterwesen entlarvt, soll mundtot gemacht werden.

Die Kaderschmiede der deutschen Gefälligkeits-Halbgötter ist das Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Erlangen, von der auch Prof. Triebig kommt. Bei allen wichtigen Gerichtsverfahren werden Wissenschaftler dieser Schule hinzugezogen. Der Rechtsanwalt Dr. Hans Joachim Dohmeier sieht sich einem Komplott ausgeliefert. Die herrschende Meinung in der Arbeitsmedizin werde durch gezielte Besetzung von Lehrstühlen mit Erlanger Absoventen organisiert. Drahtzieher sei der Direktor des Institutes, Prof. Gerhard Lehnert. Als er für die Berufsgenossenschaft der DEUTSCHEN BAHN diverse Gutachten über die Kontamination mit dem krebserregenden Stoff PCP anfertigte, leugnete er einen Zusammenhang zwischen dem Industriegift und schweren Erkrankungen jedes Mal mit den gleichen Standardformu-
lierungen. Lediglich die Namen der Geschädigten wurden notdürftig ausgetauscht. Wie schlampig Lehnert die Untersuchungen durchgeführt hat, wird allein schon daran deutlich, daß einem Patienten in ein und demselben Gutachten drei verschiedene Namenskürzel zugeteilt wurden. Lehnert (bzw. seine Sekretärin) hatte schlichtweg versäumt, die Namen der zuvor mit nahezu identischem Wortlaut Begutachteten konsequent auszutauschen. Aufgrund dieser obskuren Expertisen verweigerte die Berufsgenossenschaft die Anerkennung von Entschädigungszahlungen.

Dabei hielt ein Gericht es für zulässig, Prof. Lehnert einen Experten für "Unbedenklichkeiten" zu titulieren. Der Wissenschaftler pflegt enge Beziehungen zur (chemischen) Industrie und ist, wie die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN wiederholt nachgewiesen hat, alles andere als unabhängig. Im Holzgiftprozeß, dem größten Umweltverfahren in der Nachkriegsgeschichte, wurde Prof. Lehnert von BAYER-DESOWAG engagiert, um die Harmlosigkeit von PCP und LINDAN zu belegen. Lehnert erbot sich zusätzlich, "in seinem Bereich" Ausschau nach Wissenschaftlern zu halten, die kritische Gutachten von Wassermann und anderen entkräften könnten. Auch das mittlerweile aufgelöste Bundesgesundheitsamt wurde zum Zweck der Verharmlosung von Holzgiften in Dienst genommen.

BAYER-DESOWAG hat einem internen "streng vertraulichen" Papier zufolge Anfang der neunziger Jahre 420.000 Mark für eine Studie gezahlt, die unter einem Tarntitel in Auftrag gegeben wurde, weil, so die Firmennotiz, "die politische Brisanz einer solchen Studie durch die Industrie" sehr hoch sei. Ein derartiges Vorgehen habe, wie im Fall einer nachgewiesenermaßen falschen Lehnert-Studie, die angeblich belegt, daß PCP bzw. Dioxin kein Krebs erzeugt, "weltweit Abscheu" hervorgerufen, urteilt Prof. Wassermannn.

Selbst dem Frankfurter Staatsanwalt Erich Schöndorf konnte seinerzeit nicht entgehen, daß die Industrie versucht hat, Gutachter für den Holzgiftprozeß "in rigoroser Weise zum eigenen Vorteil zu beeinflussen". Warum, das erläutert der mittlerweile aus Protest gegen die Aufhebung des von ihm erwirkten Urteiles gegen zwei Manager der DESOWAG durch den Bundesgerichtshof (BGH) zurückgetretene Ankläger anhand des Ausmaßes der Schäden: "Da kommen allein Gebäudeschäden in Höhe von 360 Milliarden D-Mark zusammen. Dies kann selbst ein Großkonzern nicht bezahlen." Um die finanzielle Katastrophe abzuwen-
den, sollten gewogene Gutachter die entsprechenden Expertisen verfassen. Schöndorf heute: "Die Konzerne hatten Listen mit den entsprechenden Gutachtern und Vermerken, wer genehm und wer nicht genehm ist." Schließlich: "Man wußte genau, wen man mit Erfolg durchbringen mußte, um letzten Endes die Prozesse zu gewinnen." Doch Erich Schöndorf sammelte höchstpersönlich tonnenweise Aktenmaterial bei unzähligen der insgesamt abertausenden Betroffenen und entlarvte die Befangenheit der BAYER-Gutachter. Die Holzgift-Manager wurden zu Freiheitsstrafen auf Bewährung verurteilt, ein in der Nachkriegsge-
schichte einmaliger Vorgang. Doch der Bundesgerichtshof kassierte den Frankfurter Richterspruch, weil ein einziger Gutachter angeblich die Position der Staatsanwaltschaft zu vehement vertreten habe (SWB berichtete mehrfach zum Holzgiftprozeß).

Die Umstände der BGH- Entscheidung sind pikant: Kurz vor der Aufhebung des Frankfurter Urteils traf sich der damit beim BGH befaßte Richter Martin Niemöller auf einem Seminar mit Dr. Siegfried Rixen, Top-Manager der neuen DESOWAG-Mutter SOLVAY. Der BAYER- Konzern hatte rechtzeitig vor dem Frankfurter Urteil seine Anteile an der DESOWAG abgestoßen.

Auch zwischen BAYER und dem BGH gab es persönliche Kontakte. Der Firmensyndikus und Leiter der Rechtsabteilung, Dr. Michael Strucksberg, ist am 13. März 1997 anläßlich einer Fachtagung über praktische und rechtliche Aspekte bei der Durchführung von Hauptversammlungen mit dem Vorsitzenden Richter Volker Röhricht zusammen getroffen.

Die Kontakte waren offenkundig äußerst hilfreich. Obwohl die Giftigkeit von PCP heute eindeutig feststeht und der Stoff seit Jahren verboten ist, gehen die Opfer der Holzgifte leer aus. Und schon steht ein neuer Skandal ins Haus: Die wiederum von BAYER entwickelten synthetischen Pyrethroide, Nachfolger des PCP's, stehen ebenfalls im Verdacht, schwere Gesundheitsschäden, darunter Krebs, zu verursachen. Dem Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinär- medizin (BgVV), Nachfolgeeinrichtung des aufgelösten Bundesgesund-
heitsamtes, liegen bereits über 60 dokumentierte Fälle von schweren Schädigungen durch Pyrethroide vor. Wieder wurde ein Gutachter eingeschaltet: Prof. Dr. Holger Altenkirch aus Berlin.

Das Urteil seiner in Kollegenkreisen und selbst beim BgVV aufgrund zweifelhafter Methodik und Auswahlverfahren der Testpersonen gerügten Arbeit: Bei nur sechs von 23 PatientInnen sei eine Schädigung durch Pyrethroide nicht ganz ausgeschlossen, ein für BAYER äußerst günstiger Befund, weil das BgVV nun nicht gegen diese von Betroffenen als äußerst bedenklich eingestuften Stoffe vorgehen muß. Altenkirch wörtlich: "Kein Hinweis auf chronische Pyrethroidvergiftung." Wieder einmal hat also ein Gutachter durch seine Tätigkeit die Ansprüche von Opfern abgewehrt und der ungehinderten Vermarktung einer giftigen Substanzgruppe Vorschub geleistet. Und wieder einmal scheint es eine unheilige Allianz zwischen Sachverständigen und Kontrollbehörden zu geben. Immerhin: Das BgVV hat die Pyrethroide vor ihrer Zulassung geprüft und weitestgehend für unbedenklich gehalten. Ein gegenteiliges Urteil von Prof. Altenkirch wäre nicht nur peinlich, sondern auch politisch hoch brisant. Doch Altenkirch wie BgVV-Leiter Prof. Wolfgang Lingk weisen jede Beeinflussung entschieden zurück. Dabei ist die materielle Abhängigkeit Altenkirchs vom BGVV offensichtlich: Auch bei der Bestzung des Leiters für die zweite vom BgVV in Auftrag gegebene Studie fiel die Wahl erneut wieder auf Prof. Altenkirch. Die zweite Untersuchung soll die methodischen Mängel der ersten quasi wettmachen. Diesmal solle auch nach Soffwechselprodukten von Pyrethroiden im Urin gesucht werden, wohl wissend, daß kleinere Mengen im Blut nicht nachweisbar sind. Und weil dies so ist, konnte die erste Studie, die lediglich das Serum der Betroffenen untersuchte, auch keinen Hinweis auf chronische Vergiftungen feststellen. So schließt sich der Kreis.[/color]

http://www.cbgnetwork.org/Ubersicht/Zeitschrift_SWB/SWB_1998/SWB02_98/Gutachter/gutachter.html
Lukas
 

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Beitragvon Maria » Mittwoch 18. April 2007, 07:25

In diesem Fall bin ich dafür, dass wir uns nicht provozieren lassen sollten und uns einen Kommentar für diese miese Presse schenken sollten.

Kommentare und Leserbriefe sind hier unerwünscht. Wenn wir nun über das Stern-Forum versuchen, denen unsere Meinung zum Thema zu schreiben, sozusagen aufzuzwängen, könnte es uns negativ ausgelegt werden, nach dem Motto, dass wir keine andere Meinungen akzeptieren und doch \"psycho\" sind. Ich glaube, wenn wir dem Stern unsere Kommentare zu diesem Bericht aufdrängen, dann wird das ganze nur noch schlimmer! Pressefreiheit und freie Meinungsäußerung haben eben auch leider ihren Preis.

Ich schlage vor, dass wir uns auf neue Projekte und Aktionen konzentrieren sollten, überlegen was wir als nächstes unternehmen könnten, um für die Anerkennung von MCS zu kämpfen.

Manchmal ist eben Reden silber und schweigen Gold?!

Viele liebe Grüsse
Maria
- Editiert von Maria am 18.04.2007, 07:43 -
Maria
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Beitragvon Alex » Mittwoch 18. April 2007, 08:40

Ich seh's auch so, besser auf positive Berichterstattung und auf neue Projekte konzentrieren,
als dem Sumpf im Stern trockenlegen zu wollen. Der ganze Allergie Rummel dort ist von der
Industrie aufgezogen, das werden die Leser auch schnell raus haben. Ich habe mir die Antworten
dort angeschaut - prima kann ich nur sagen, das hätte mancher Allergologe oder SHG besser gekonnt und den
Leuten damit geholfen.
Alex
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