"Nicht erst seit dem jüngsten Coup eines Fälschers, der etliche Medien narrte, ist das wichtigste Lexikon des Internets im Gerede: Stimmt wirklich, was in Wikipedia steht? Die deutschen Macher gehen das Problem mit einem einmaligen Prüfsystem an
Karl ist richtig. Theodor, Maria und Nikolaus stimmen. Auch Johann, Jakob, Philipp, Franz und Joseph sind korrekt, selbst der etwas exotische Sylvester. Nur Wilhelm war falsch. Den Wilhelm hatte ein Spaßvogel dem neuen Bundeswirtschaftsminister angedichtet - im Wikipedia-Eintrag über Karl-Theodor zu Guttenberg.
Das wäre wohl kaum aufgefallen, hätten nicht etliche seriöse Medien, darunter Bild, taz und Spiegel Online, den falschen Wilhelm einfach abgeschrieben. Sie hatten vergessen: Wenn jeder, der will, an einem Lexikon mitarbeiten kann, kommt eben nicht nur ein riesiges, weit verästeltes Wissensnetz heraus, sondern auch so mancher Unfug. Vandalismus nennt man es bei Wikipedia, wenn Einträge mutwillig verunstaltet werden. Jimmy Wales, Gründer der Internet-Enzyklopädie, musste sich kürzlich über einen anderen Fall ärgern, als zwei vollkommen lebendige US-Senatoren bei Wikipedia plötzlich als tot galten. Mit einem anständigen Prüfsystem hätte der Unsinn vermieden werden können, schimpfte Wales.
Wenn stimmt, was die Studien nahelegen, dürfte ihnen nicht viel aufgefallen sein. Denn die mehr als 500000 deutschen Wikipedia-Autoren sind keineswegs durchweg unqualifizierte Laien - es gibt auch Experten, Fachredakteure und Lektoren bei Wikipedia. Nur nennen sie sich nicht unbedingt so und werden - anders als die Kollegen bei den Lexikonverlagen - eben nicht bezahlt."
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