von Yol » Dienstag 24. März 2009, 00:23
@ Mia,
Fein, dass Dein Mann soweit flexibel geworden ist. Eigentlich habe ich was MCS angeht wenig Probleme mit meinem jetzt 72jährigen, aber ich habe nach seiner Pensionierung mit 60 doch ein sehr anderes Verhalten festgestellt. Männer kommen mit dem Alter, dem "Nichtmehrgebrauchtwerden" oft schlechter zurecht als Frauen, was zu den absurdesten Verhaltensweisen führen kann. Auch solche, die man noch gar nicht bemerkt und schon gar nicht vermutet hätte.
Wenn dann noch sowas wie MCS bei der Partnerin dazu kommt, sind ältere Männer sehr schnell überfordert und der Altersstarrsinn und ein ausgeprägter Narzismus treten oft verstärkt in den Vordergrund.
Als es mir extrem schlecht mit MCS ging war mein Mann in keiner Weise darauf vorbereitet. Er konnte nicht begreifen dass, wenn sich eine sonst an allem interessierte Partnerin unübersehbar verändert - auch körperlich - schwerwiegende gesundheitliche Probleme dem zugrunde liegen müssen. Da war aber anfangs nicht sehr viel Einfühlungsvermögen zu verspüren, da das ja auch Verzicht bedeutet hätte. Da ich damals zu schwach zum kämpfen war, lief das analog wie bei Dir. Nur gelegentlich konnte ich mich meinen früheren Kampfgeist wieder mobilisieren um meinen Platz wieder einzunehmen, der mir schlichtwegs überall nicht mehr zugestanden wurde - mit so einer abstrakten Krankheit!
Kleines Beispiel: Zum 70ten seiner Schwester wurde ER allein in meiner Präsenz eingeladen. Mit leicht in meine Richtung gebeugtem Kopf meinte seine Schwester - ich könne ja sowieso nichts essen und der Platz im Restaurant sei etwas begrenzt... Normalerweise denkt man, dass eine alte Ehefrau (über 40 Jahre schon)mit deren Engagement man 25 Jahre lang freiberuflich ein Geschäft halten konnte auch soviel wert noch sei, dass man eine solch unverfrorene Einladung nicht annimmt. Doch nein, das ist alles selbstverständlich, sie hat ja MCS und sie kann ja sowieso nichts essen, es geht ihr schlecht, also was soll sie denn noch unter Menschen?
Was sie aber immer noch konnte: Kochen, putzen, für die allgemeine Bequemlichkeit sorgen, wenn auch mit Einschränkungen.
Das war der Punkt wo auch MCS mich nicht mehr vorm Ausflippen zurückhalten konnte, keiner aus unserem Hause war auf dieser Feier, weil ich einfach eine Entscheidung der Wertevorstellung der Menschen mit denen ich zusammen lebe forderte.
Heute passieren solche Ruppigkeiten nicht mehr. Allerdings bin ich auch wieder sehr viel stärker in allen Hinsichten, was das Kräftegleichgewicht wieder herstellt. Heute sprech ich schonungslos die Dinge aus, die mir zusetzen und die mich verletzen. Jetzt ist es meistens so, dass mich mein Mann eher unterstützt wenn andere meinen, ob ich mir das nicht dennoch einbilde usw. Das weist er sehr entschieden zurück, weil er die MCS-Problematik weitgehend verstanden hat, soweit das möglich ist für nur Mit-Betroffene.
Vieleicht ist es den Versuch wert zu kämpfen für Deinen Platz, verlieren kannst Du nichts, was Du nicht hast, gewinnen dennoch einiges.
Vielleicht hilft Dir diese Erfahrung, dass man um seinen Platz kämpfen muss, so traurig das auch momentan aussieht.