WHO unter Industrie-Einfluss

WHO unter Industrie-Einfluss

Beitragvon Maria Magdalena » Donnerstag 2. April 2009, 01:06

US-Firma sponsort Stelle bei Weltgesundheitsorganisation!

Die US-Pharmafirma MSD bezahlt eine Mitarbeiterin im neuen Anti-Raucherprogramm der WHO. Dies deckte die Pharma-Kampagne auf. Mehrere internationale Organisationen protestierten anlässlich der Weltgesundheitsversammlung in Genf gegen dieses offensichtlich Interessenkonflikte auslösende Sponsoring.

Der Pharma-Kampagne wurde ein Brief eines Top-Managers des US-Konzerns Merck, Sharp and Dome (MSD) an die FirmenmitarbeiterInnen zugespielt. Er berichtet darin stolz, dass MSD eine Personalstelle im Anti-Raucherprogramm (Tabacco Free Initiative) der WHO finanziert und- es kommt noch dicker- auch besetzt. Eine MSD-Mitarbeiterin nahm im WHO-Hauptquartier in Genf Anfang April 1999 ihre Arbeit auf. Welche Rolle sie spielen soll, daran lässt der Brief des MSD-Bosses keinen Zweifel: \"Die Versetzung Sissels zur WHO bietet eine hervorragende Gelegenheit, Brücken zwischen Merck, der Pharmaindustrie und der globalen Health Community zu bauen. Sie bringt eine breite Erfahrung in der Industrie und eine solide Basis an Fertigkeiten in ihre neue Rolle ein. Wegen ihrer diplomatischen Fähigkeiten und ihrer kreativen Einsätze in schwierigen Fragen weiß ich, dass sie eine effektive Botschafterin sein wird.\"

Erfahren ist Sissel wirklich. Bevor sie zu MSD stieß, war sie Vorsitzende des norwegischen Pharmaindustrieverbandes und hatte mehrere Funktionen im europäischen und im internationalen Pharmaindustrieverband (EFPIA und IFPMA).

Eigentlich gab es bis vor kurzem keinen Zweifel daran, dass öffentliche Institutionen das Allgemeinwohl vertreten sollten und deshalb von Privatinteressen unabhängig sein müssen.

Seit kurzem grassiert allerdings ein neues Schlagwort: \"Public-private partnership\". Darunter wird meist ein neues Verhältnis zwischen öffentlichen Institutionen und Firmen verstanden. Dabei wird dann kaum mehr überlegt, ob öffentliche Institutionen unabhängig sind oder bleiben, sondern wie beide Seiten möglichst viel Gewinn aus dieser neuen Beziehung ziehen können.

Einigermaßen blauäugig scheint der Standpunkt des Chefs des Anti-Raucherprogramms der WHO. Die gesponsorte Arbeitskraft solle helfen, die Strategien der Industrie besser zu verstehen, damit das Programm möglichst effektiv arbeiten könne. Und da könne man von der Pharmaindustrie lernen, die ja nichts mit der Tabakindustrie zu tun habe.

Dass aber die Pharmaindustrie keine wirtschaftlichen Interessen am Anti-Raucherprogramm hat, ist schlichtweg falsch. Dort sollen durchaus Medikamente eingesetzt werden: Nikotinpflaster zum Beispiel.

Kein Einzellfall. Bereits vor Jahren hatte der Weltverband der Pharmaindustrie (IFPMA) eine Stelle bei der Weltbank finanziert. Und wenige Tage nachdem das MSD-Sponsorship bei der WHO aufgedeckt wurde, tauchte eine Ausschreibung eines gemeinsamen Programms von UNDP, Weltbank und der WHO-Abteilung für Tropenkrankheiten auf: ein Trainingsprogramm klinische Forschung für afrikanische WissenschaftlerInnen, finaziert und durchgeführt von SmithKline Beecham Biologicals.

Bedenklich ist auch der indirekte Einfluss der Industrie auf die WHO. Die neuesten WHO-Richtlinien zur Behandlung des Bluthochdrucks kamen unter zweifelhaften Umständen zustande. Bei der Bewertung der Arzneimitteltherapien wurde das Schwergewicht auf zwei industriegesponsorte Studien gelegt und grundlegende Bewertungsregeln missachtet. Eine unabhängige Bewertung der Studie zeigt, dass sie keine Evidenz für die medikamentöse Absenkung auf einen diastolischen Blutdruck von 83-85 mm Hg bietet. Genau dies aber propagiert der Hersteller aufgrund der WHO/ISH Empfehlungen.

Das Public-Private Partnership kann kosequent weitergedacht werden: Zukünftig stellt dann ein deutscher Chemiekonzern einen Mitarbeiter für Arzneimittelsicherheit im Gesundheitsministerium, oder man schafft diese lästige Bürokratie gleich ganz ab und lässt die Firmen den Staat selbst verwalten.

Quelle:
http://www.bukopharma.de/uploads/file/Pharma-Brief/Phbf1999_04.htm
- Editiert von Maria Magdalena am 02.04.2009, 09:46 -
Maria Magdalena
Forumswisser
 
Beiträge: 3047
Registriert: Donnerstag 3. April 2008, 23:18

Zurück zu Umweltmedizin / Umweltpolitik international -

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 0 Gäste

cron