Wenn Eickmanns eine Zeitung gründen

Wenn Eickmanns eine Zeitung gründen

Beitragvon Juliane » Montag 26. Oktober 2009, 08:44

Zitat von einer Internetseite



"Den wissenschaftlichen Disput zu pflegen, hat sich die ZfU auf ihre Fahnen geschrieben. Unsere manchmal kritische Berichterstattung verschafft uns nicht nur Freunde. Bislang zogen wir es vor, über diese ebenso lästigen wie unvermeidlichen Rangeleien am Rande in der Zeitung selbst kein Wort zu verlieren.

Bislang haben wir uns auch gegen diese immer dreisteren und unfaireren Attacken erfolgreich zur Wehr setzen können: erst vor zwei Wochen entschuldigte sich das Deutsche Ärzteblatt dafür, daß der Eindruck entstanden sei, man hätte uns als "unseriös" bezeichnen wollen. Dies sei so nicht gemeint gewesen. Mit dieser Schmähkritik hat der Zwist seinen Höhepunkt erreicht, heute soll deshalb einmal Raum für einen Blick hinter die rauhen juristischen Kulissen sein.

Im Frühjahr letzten Jahres erreichte uns ein Fax: der ecomed-Verlag plane, eine neue Zeitung zur Umweltmedizin herauszubringen. Herausgeber sollte der Gießener Professor Thomas Eikmann sein. Angst vor der "Konkurrenz" hatten wir nicht, als etablierte Zeitung für den Praktiker betrachteten wir sie nicht als solche. Weniger begeistert waren wir allerdings vom Titel: das Projekt sollte "Zeitschrift für Umweltmedizin" heißen.

Diese Verwechslungsfähigkeit hätte doch einige Verwirrung gestiftet, allein, dies schien gewollt zu sein. Denn Unkenntnis war es nicht, die ecomed zu dieser Titelwahl veranlaßte. Immerhin war der Verlag einer unserer treuesten Anzeigenkunden. Als ecomed uns das "Handbuch der Umweltmedizin" zur Rezension übersandte, adressierte man es sogar an: "Redaktion Zeitschrift für Umweltmedizin". Diesen Titel wollte man uns also streitig machen.

Das deutsche Markenrecht läßt in solchen Fällen wenig Spielraum: zwar sind Zeitungstitel gegen Titelpiraterie geschützt - wenn ein Verlag jedoch zuläßt, daß ein anderer einen verwechslungsfähigen Titel benutzt, so verliert er nach kurzer Frist das Schutzrecht für das eigene Produkt. Der angreifende Verlag kann paradoxerweise sogar nach einiger Zeit verlangen, daß der ältere, nicht verteidigte Titel geändert wird, um die Verwechslungsfähigkeit mit dem neuen Titel zu vermeiden.

Soweit wollten wir es nicht kommen lassen und forderten ecomed-Verlag und Herausgeber deshalb per außergerichtlicher Abmahnung auf, von diesem leicht zu verwechselnden Titel Abstand zu nehmen. Die ablehnende Antwort des ecomed-Verlages an unsere Anwältin ließ nicht lange auf sich warten: "…Die von uns geplante Fachzeitschrift ist keine Zeitung wie das von Ihrem Mandanten verlegtes Objekt, sondern eine wissenschaftliche Zeitschrift und gehört damit grundsätzlich einer anderen Publikationsgattung an." Auf diese fruchtlose Abmahnung hin beantragten wir beim Hamburger Landgericht den Erlaß einer einstweiligen Verfügung, die ecomed diesen Titel untersagen sollte.

Die Richter brauchten nicht lange, um sich unserer Rechtsauffassung anzuschließen. Ecomed verzichtete auf einen Widerspruch gegen den Beschluß und erkannte die Verfügung als endgültig an. Man teilte uns unaufgefordert im abschließenden Schriftwechsel mit: "Rein vorsorglich fügen wir hinzu, daß unsere Mandantin derzeit nicht vorhat, den Titel 'Umweltmedizin‘ in Alleinstellung zu benutzen."

Der Meinungsumschwung ließ nicht lange auf sich warten: unter genau diesem Titel erschien die Zeitschrift dann im Mai 1996. Erwartungsgemäß wies ecomed unsere Aufforderung zurück, auf diesen Titel zu verzichten. Abermals wurden wir gezwungen, das Gericht zu bemühen, und wiederum erhielten wir Recht.

Als wir unseren zweiten Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung einreichten, lag bei Gericht bereits eine "Schutzschrift". Eine Schutzschrift ist die juristische Notbremse, wenn vermutet wird, daß eine einstweilige Verfügung droht. Sie ist das Mittel der Gegenseite, ihre Argumente vorsorglich darzulegen.

Die ecomed-Schutzschrift trug das Datum vom 9. April 1996. Zitat daraus: "aufgrund eines außergerichtlichen Unterlassungsbegehrens vermutet die Antragsgegnerin (also ecomed, red), daß sie von der Antragstellerin (also ZfU, red) auf Unterlassung in Anspruch genommen wird…".

Am 9. April wußten wir aber noch gar nichts von dem abermals heraufziehenden Ärger, geschweige denn gab es an diesem Tag bereits eine Abmahnung. Die erhielt ecomed erst am 24. April.

Nicht nur dieser Aspekt bewog offensichtlich das Hamburger Landgericht, uns im Rahmen einer einstweiligen Verfügung abermals Recht zu geben. Es untersagte ecomed nicht nur, den Titel zu benutzen, sondern auch jede Werbung dafür.

Diesmal ließ ecomed sich jedoch mehr Zeit als beim ersten Mal, dem Beschluß zuzustimmen. Wir stellten uns deshalb schon darauf ein, daß durch einen Widerspruch ein kostenintensiver Rechtsstreit entstehen würde.

In dieser Phase mußten wir feststellen, daß sich zumindest der Herausgeber, Thomas Eikmann, nicht an das am 21. Mai gerichtlich verfügte Verbot hielt, für die Zeitung mit dem verwechslungsfähigen Titel zu werben. Von einer kassenärztlichen Vereinigung erhielten wir ein Werberundschreiben, in dem Eikmann auf dem Briefpapier der Universität Gießen den "Kolleginnen und Kollegen die neu im ecomed Verlag erscheinende Zeitung "Umweltmedizin" anträgt.

Sein Schreiben trägt das Datum vom 24. Mai, also vier Tage nach Erlaß der einstweiligen Verfügung.

Unsere Anwältin forderte deshalb die Gegenseite zur Stellungnahme auf und teilte ecomed mit, daß wir bei solcher Mißachtung der richterlichen Anordnung einen Bestrafungsantrag stellen würden, der ecomed wahrscheinlich etliche Tausend Mark kosten würde. Daraufhin lenkte ecomed ein und bot einen neuen, unterscheidungsfähigen Titel an.

Eikmanns Erklärung für die Werbung trotz des gerichtlichen Verbots: er habe die Werbebriefe bereits vor Erlaß der einstweiligen Verfügung in die Poststelle der Universität gegeben. Da er wisse, daß die Post dort länger liege, habe er sie auch vordatiert.

Eikmann wandte sich im Laufe der Auseinandersetzung noch auf einem anderen Briefkopf an uns: mit dem Absender "Gesellschaft für Umwelttoxikologie und Krankenhaushygiene".

Für einige Monate war Ruhe …

Was uns im ersten Moment an eine wissenschaftliche Fachgesellschaft denken ließ, entpuppte sich beim zweiten Hinsehen als Wirtschaftsunternehmen in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Unter der Handelsregisternummer B 1845 findet sich dazu im Handelsregister Wetzlar mehr: Alleingesellschafter ist Dr. Thomas Friedrich Eikmann mit einer Einlage von 50.000 Mark, als Geschäftsführerin ist Dr. Sabine Eikmann eingetragen.

Gegenstand der 1989 in Aachen gegründeten Gesellschaft ist die Erstellung von Gutachten und Durchführung von Untersuchungen für Umwelttoxikologie und Krankenhaushygiene. Der Firmensitz ist gleichzeitig Eikmanns Privatadresse. Nach unseren Recherchen ist Professor Eikmann Gutachter für diese GmbH.

Nun gab es endlich den unterscheidungsfähigen Titel "Umweltmedizin in Forschung und Praxis" und wir hatten im Anschluß an diese Episode einige Monate Ruhe, bis dann die Bundesärztekammer zum "Forum Umweltmedizin" nach Hannover rief.

Einlader war Professor Hayo Eckel, Präsident der Landesärztekammer Niedersachsen und Beirat der ecomed-Zeitung. Einer der geladenen Referenten war auch Dr. Martin Schata, Düsseldorf, im Programm der Bundesärztekammer als Professor aufgeführt. Im aktuellen Gesamthochschulverzeichnis konnten wir ihn jedoch nicht finden.

Mit seinem Professorentitel zeichnet Schata beispielsweise in einer Anzeige des Verbandes der chemischen Industrie, die ihn mit den Worten zitiert: "Millionen Allergiker brauchen dringend Hilfe. Ohne Gentechnik werden wir sie ihnen nicht geben können." Schata wird vorgestellt als wissenschaftlicher Leiter der "Gesellschaft für Allergieforschung".

Inhalte fanden keine Beachtung

Auch hier wieder ein klangvoller, wissenschaftlich anmutender Name für eine GmbH. Ein Eintrag vom 28.2.94 bei der Industrie und Handelskammer Düsseldorf weist die "Gesellschaft für Allergieforschung" als GmbH aus, Schata ist ihr alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer und einer von zwei Gesellschaftern. Er ist der Miteigentümer des Unternehmens, der den wesentlich größeren finanziellen Anteil an der Firma hält. Der Aufgabenbereich der GmbH umfaßt unter anderem die "Entwicklung von Strategien zur Beeinflussung allergischer Krankheiten und die Erstellung von Gutachten".

Schata sollte in Hannover über "unkonventionelle Methoden in der umweltmedizinischen Beratung" referieren. "Laut Schata werden derartige Therapien nicht nur von Heilpraktikern durchgeführt, sondern auch in zunehmendem Maße von approbierten Ärzten zweifelhafter umweltmedizinischer Kompetenz", zitierte ihn das Deutsche Ärzteblatt später dazu.

Dazu präsentierte Schata Folien, die Anzeigen aus der ZfU zeigten, den redaktionellen Inhalten schenkte der "wissenschaftlichen Leiter" keine weitere Aufmerksamkeit. Schata verwies auf eine Anzeige der Firma meditech und kommentierte sie dahingehend, daß eine Zeitung unseriös sein müsse, die solche Anzeigen veröffentliche. Der Zorn ist eine kurze Raserei: Leider übersah Schata, daß auch im Deutschen Ärzteblatt die wortgleiche Anzeige erscheint - neben den Annoncen weiterer Anbieter ähnlicher Geräte.

Im Auditorium saßen mehrere Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats der ZfU, die Widerspruch formulierten und darauf hinwiesen, daß die ZfU sehr wohl alle Kriterien einer seriösen, anerkannten Fachzeitschrift erfülle.

Daraufhin ergriff Eikmann das Wort und warf uns vor, wir hätten das Erscheinen der von ihm herausgegebenen Zeitschrift verhindern wollen und ihm andernfalls Strafen von mehreren hunderttausend Mark angedroht.

Beides ist blanker Unsinn, da es lediglich um einen unterscheidungsfähigen Titel ging, wie oben bereits erläutert. Einige Kollegen aus dem Auditorium warfen Schata billige Polemik vor, andere klagten über den peinlichen Charakter und die Nähe der Veranstaltung zu einer Werbeshow. Schata beharrte aber darauf, daß die Anzeigen in der ZfU ein Fall für den Staatsanwalt seien, berichten Zeugen.

Diese Provinzposse hätte keine große Aufregung verursacht - wenn sich nicht ein Journalist mit einer äußerst selektiven Wahrnehmung gefunden hätte. Im Deutschen Ärzteblatt Nr. 3 vom 17. Januar 1997 fand sich erst ein u.a. von ecomed-Beirat Eckel gezeichneter Artikel über "Präzise Informationen zur Abfallwirtschaft", der unter die umweltmedizinische Rubrik "Umweltthema im Januar" fiel. Direkt daneben ein Text von Rüdiger Meyer: "Umweltmedizin findet ohne Mediziner statt". In diesem wurde der Schata-Vortrag ausführlich und einseitig dargestellt.

Die von Schata kritisierte Anzeige mutierte darin zu einer von der ZfU selbst aufgegebenen Annonce. Wie bei einem redaktionellen Zusatz warnte der Autor in Klammern davor, die ZfU ja nicht "mit der seriösen Zeitschrift für Umweltmedizin und Ökotoxikologie" zu verwechseln - und auch der Ruf nach dem Staatsanwalt fand wenig später seinen Platz. Kein Raum war dagegen für die vom Auditorium geübte Kritik an solchen Polemiken.

Natürlich sind Anzeigen kein Maßstab für die Seriösität einer Zeitung - können sie auch gar nicht sein: Sowohl für das Deutsche Ärzteblatt als auch für die Zeitung für Umweltmedizin gilt das deutsche Presserecht, und nach diesem dürfen Anzeigen nur in ganz wenigen Ausnahmen überhaupt abgelehnt werden, beispielsweise bei klar erkennbaren Verstößen gegen Recht und gute Sitten. Presserechtlich sind Redaktion und Anzeigenteil zwei strikt voneinander zu trennende Bereiche - und diese Trennung wird bei der ZfU streng eingehalten. Der Verlag hat dafür eine eigene, von einer Werbekauffrau geleitete Abteilung geschaffen.

Schnelle Entschuldigung aus Köln

Darüber hinaus richten sich beide Zeitschriften an eine vorwiegend akademisch gebildete Leserschaft, der es eine gewisse eigene Urteilskraft durchaus ermöglicht, sowohl Fachtexte als auch Anzeigeninhalte selbst kritisch zu überprüfen, ohne daß eine Vorzensur im Anzeigenteil (und Textteil?) herrschen müßte.

Durch den unkritischen Artikel gewann die Hannoveraner Lokalposse eine existenzbedrohende Dimension für uns - und möglicherweise war das auch so gewollt. Denn was kann einem kleinen Fachverlag Schlimmeres widerfahren als im Zentralorgan der Deutschen Ärzteschaft als unseriös gebrandmarkt zu werden?

Schon die erste Intervention unserer Anwältin brachte das Deutsche Ärzteblatt dazu, sich bereits in Ausgabe Nr. 8 an prominenter Stelle offiziell bei uns zu entschuldigen: (siehe Ausriß auf Seite 71).

Eine Intervention bei Schata gegen seine unsachliche Schmähkritik blieb allerdings erfolglos: einen Teil der von mehreren Zeugen bestätigten Aussagen habe er gar nicht gemacht, schreibt sein Anwalt, für andere nehme er das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung in Anspruch.

Das Düsseldorfer Landgericht wird sich jetzt auf unseren Antrag hin mit dem Fall befassen. "

Nachlesbar unter


http://www.facharzt.de/content/red.otx/154,2758,0.html?sID=34f987b2fb091ea79cc2f78901bbcf28
Juliane
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