Begutachtung an der Ruhr Uni Bochum

Begutachtung an der Ruhr Uni Bochum

Beitragvon Juliane » Montag 31. Mai 2010, 00:55

Begutachtung an der Ruhr Uni Bochum:

"Die 47jährige, seit 1995 in einer Gärtnerei beschäftigte

Patientin klagt seit ca. 2000 über eine

komplexe Symptomatik mit Hautjucken,

Quaddelbildung, Kopfschmerzen, Kieferhöhlenbeschwerden,

Parästhesien im Ohren-, Halsund

Lippenbereich und Zungenschwellungen bei

Exposition gegenüber „allem, was riecht“.

Insbesondere nach Einwirkung süßlich riechender

Stoffe und Duftstoffe gibt sie trockene Nasenschleimhäute,

Augentränen und Kurzluftigkeit

an. Die Symptome zeigen einen fraglichen

Arbeitsbezug.



Gesamt-IgE:301 kU/L

Lungenfunktionsprüfung (Masterlab,

Fa. Viasys Healthcare, Höchberg):

Werte im Referenzbereich,

Methacholintest

(Provotest II der Fa. Pari, Starnberg):

keine Hyperreaktivität

Inhalativer Provokationstest mit Zimtaldehyd

(Fa. HERMAL) mit APSpro-Vernebler (Fa.

Viasys Healthcare, kumulierte Dosis 0,4 μg

bis 36 mg Zimtaldehyd in Ethanol 70%):

Husten und Würgereiz ohne bronchiale

Obstruktion.

Selbsteinschätzung der Versicherten

bezüglich der Empfindlichkeit gegenüber

Umweltreizen (Fragebogen):

allgemeine Umweltreize und auf

Gerüche war extrem gesteigert

Riechtestung mit Sniffing Sticks (2)

durch die drei Module „Schwellentest für

n-Butanol“, „Diskriminationstest“ und

„Identifikationstest“:

etwas erniedrigte Geruchsschwelle für

n-Butanol, während die Geruchsidentifikation

und -diskrimination unauffällig

waren.


Die Hautreaktionen entsprechen am ehesten

den in der Literatur beschriebenen

Non-Immune-Immediate-Contact-Reactions

(NIICR) (3). Eine Assoziation zwischen einer

Asthmaerkrankung, die zudem nicht eindeutig

vorlag, und NIICR konnte nicht dargestellt

werden. Diese NIICRs haben für die Atembeschwerden

der Versicherten vermutlich keine

Bedeutung, zumindest sind sie nicht als Auslöser

einer obstruktiven Atemwegserkrankung


i. S. einer Berufserkrankung anzusehen. Wir

stellten die Diagnosen einer idiopathischen,

teils physikalischen Urticaria und Umweltintoleranz

(MCS-Syndrom). Zusammengefasst sahen

wir im vorliegenden Fall die medizinischen

Voraussetzungen zur Anerkennung einer

BK 4301 als nicht gegeben. Die Assoziation

zwischen Umweltintoleranz und NIICR bleibt

in epidemiologischen Studien zu prüfen."


Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Institut der Ruhr-Universität Bochum, Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum


V. Harth, L. Altmann, T. Brüning, R. Merget
Non-Immune-Immediate-Contact-Reactions(NIICR) durch Duftstoffe, Asthma und idiopathische Umweltintoleranz


http://www.ipa.ruhr-uni-bochum.de/image/poster/156.pdf
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Begutachtung an der Ruhr Uni Bochum

Beitragvon Juliane » Montag 31. Mai 2010, 00:59

"Die durch Fragebögen erfasste selbstberichtete Sensitivität auf allgemeine Umweltreize und auf Gerüche war extrem gesteigert, die mit Sniffing Sticks getestete Riechleistung zeigte eine etwas erniedrigte Geruchsschwelle für n-Butanol, während die Geruchsidentifikation und -diskrimination unauffällig waren.

Diskussion
Die Versicherte ist seit 1995 als Verkäuferin in einer Gärtnerei tätig. Sie verkauft insbesondere Bäume, Sträucher sowie Balkon- und Beetpflanzen. Sie klagt seit ca. vier bis fünf Jahren über eine komplexe Symptomatik mit Hautjucken, Quaddelbildung, Kopfschmerzen, Kieferhöhlenbeschwerden, Parästhesien im Ohren-, Hals- und Lippenbereich und Zungenschwellungen. Die Nasenschleimhäute sind trocken, sie habe Augentränen und Atembeschwerden, insbesondere nach Einwirkung von süßlichen Duftstoffen. Ein eindeutiger Arbeitsbezug zeigte sich nicht, die Versicherte berichtete jedoch über Duftstoffe, die bei der Arbeit aus Pflanzen emittiert werden. Es konnte keine eindeutige bronchiale Hyperreaktivität festgestellt werden, so dass eine obstruktive Atemwegserkrankung trotz der anamnestischen Angaben, die auf eine solche schließen lassen, nicht zweifelsfrei bestätigt werden konnte. Im Methacholintest war ein signifikanter Anstieg des spezifischen Atemwegswiderstandes ohne signifikanten Abfall der Einsekundenkapazität auffällig. Trotz eines erhöhten Gesamt-IgE gelang es nicht, im RAST oder in der Pricktestung eine Sensibilisierung gegenüber Gräsern/Frühblühern, Bäumen, Schimmelpilzen und Hausstaubmilben darzustellen. Die Kontaktsensibilisierung gegenüber Dibromdicyanobutan/Phenoxyethanol zeigte keine erkennbare berufliche Ursache. Weiterhin imponierten im Epikutantest Soforttypreaktionen gegenüber verschiedenen Substanzen, u. a. Duftstoff-Mix, so dass eine weitere Abklärung durchgeführt wurde. Zu den am häufigsten hautsensibilisierenden Komponenten des Duftstoff-Mixes werden in der Literatur die Kontaktallergene Zimtalkohol und Zimtaldehyd gezählt (4). In der Epikutantestung konnten wir multiple Sofortreaktionen insbesondere gegenüber Duftstoff-Mix, Zimtaldehyd und Benzoesäure darstellen. Die Reaktionen der Versicherten gegenüber Duftstoff-Mix waren in der Epikutan- bzw. Pricktestung different. Die Nativsubstanz Zimtaldehyd zeigte in beiden Testungen eine positive Reaktion, wobei die Quaddelbildung am ehesten einer toxischen Reaktion im Hautniveau entsprach. Diese sind in der Literatur gehäuft nach lokaler Exposition gegenüber Zimtaldehyd, Benzoesäure und Sorbinsäure sowohl bei Allergikern als auch bei Nichtallergikern beschrieben (5), die klinische Bedeutung dieser Reaktionen ist bislang jedoch wenig verstanden. Zur Abklärung der Atembeschwerden führten wir bei der Versicherten einen inhalativen Provokationstest mit Zimtaldehyd mittels Vernebler durch, da sowohl im Epikutantest in der Sofortablesung als auch im Pricktest eindeutig positive Reaktionen zu erzielen waren und in einer epidemiologischen Studie unter Zimtarbeitern eine hohe Prävalenz von Atemwegssymptomen bestand (6). Bei der Versicherten zeigte sich zwar eine Symptomatik mit Husten und Würgereiz, eine bronchiale Obstruktion konnte jedoch nicht ausgelöst werden. Insgesamt ist somit davon auszugehen, dass die Hautreaktionen am ehesten den in der Literatur beschriebenen Non-Immune-Immediate-Contact-Reactions (NIICR) entsprechen (7). Eine Assoziation zwischen einer Asthmaerkrankung, die zudem nicht eindeutig vorlag, und NIICR konnte nicht dargestellt werden. Diese NIICRs haben für die Atembeschwerden der Versicherten vermutlich keine Bedeutung, zumindest sind sie nicht als Auslöser einer obstruktiven Atemwegserkrankung i. S. einer Berufserkrankung anzusehen. Wir stellten die Diagnosen einer idiopathischen, teils physikalischen Urticaria und Umweltintoleranz (MCS-Syndrom). Zusammengefasst sahen wir im vorliegenden Fall die medizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer BK 4301 als nicht gegeben. Die Assoziation zwischen Umweltintoleranz und NIICR bleibt in epidemiologischen Studien zu prüfen."


http://www.ipa.ruhr-uni-bochum.de/publik/info0305/amfall0305.php
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Begutachtung an der Ruhr Uni Bochum

Beitragvon Osmanthus » Montag 31. Mai 2010, 13:54

Ein Test mit n-Butanol. Damit man sich vorstellen kann was die Patientin aushalten musste,
ein paar Infos:

"1-Butanol kann beim Einatmen und Verschlucken gesundheitsschädlich wirken: Nieren- und Leberschädigungen, Schwindel, Kopfschmerzen, Benommenheit bis hin zur Bewusstlosigkeit und Hirnfunktionsstörungen können auftreten. Weiterhin kann es Atemwege, Verdauungswege, Augen und Haut reizen. Man sollte 1-Butanol deshalb nicht in die Hände von Kindern gelangen lassen."

http://de.wikipedia.org/wiki/1-Butanol
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