Löhne: Giftige Dämpfe in Musikschule

Löhne: Giftige Dämpfe in Musikschule

Beitragvon Kira » Sonntag 1. Mai 2011, 08:09

Löhne (nw). Es war ein Schock für alle Beteiligten: Die neue Musikschule muss vorübergehend geschlossen werden. Grund sind überhohe Werte der Chemikalie Benzaldehyd in der Raumluft. Die Stadtverwaltung erfuhr am Mittwochnachmittag davon und legte das Gebäude am Donnerstagmorgen sofort still. Bis zu den Osterferien fallen alle Stunden in der neuen Musikschule aus.

Gerd Sowas Blick geht ins Leere, als er mitanhört, wie Dezernent Ulrich Blomenkamp der Öffentlichkeit die Hiobsbotschaft verkündet: "Wir haben heute den Betrieb in der Musikschule eingestellt. Es gab keinen anderen Weg." Erst Ende Februar war die Einrichtung vom alten Haus an der Schierholzstraße in das neue Gebäude an der Werretalhalle gezogen. Fünf Jahre lang, so sagt Musikschulleiter Sowa, hat er an dem Projekt gearbeitet - und nun das.

Mehrfach hatten sich Lehrer und Schüler über einen merkwürdigen Geruch in dem Gebäude beklagt. "Manche sprachen von Schleimhautreizungen", so Ulrich Blomenkamp. Die Stadt beauftragte das Bremer Umweltinstitut mit einer Analyse der Raumluft. "Denn Geruch allein muss ja nicht gleich gesundheitsgefährdend sein", so Blomenkamp.

Das Ergebnis ist niederschmetternd: Die Konzentration von Benzaldehyd liegt in manchen Räumen bei bis zu 450 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Erlaubt sind maximal 200 Mikrogramm, erwünscht sogar nur 20. "Das Risiko ist zu hoch, wir mussten handeln", sagt der Dezernent. Und auch der Musikschulleiter erklärt: "Die Gesundheit geht natürlich vor."

Jetzt sollen die Bremer Wissenschaftler aus Wänden und Böden Proben nehmen und herausfinden, woher das Benzaldehyd stammt. Dann wird entschieden, wie es weitergeht. "Wenn wir Glück haben, müssen wir nur eine Zeit lang sehr gründlich lüften", sagt Ulrich Blomenkamp, schaut dabei aber nicht so drein, als würde er das für möglich halten. Wahrscheinlicher sei, dass Teile von Wänden und Böden ausgetauscht werden müssen.

Das aber wird dauern. Wie lange kann noch niemand sagen. In dieser Woche findet kein Unterricht mehr in der Musikschule statt. Lediglich die Stunden in Kitas und Grundschulen laufen weiter.
Ab Montag geht es dann im alten Gebäude an der Schierholzstraße weiter. Allerdings noch nicht in vollem Umfang: "Wir können nicht alle Instrumente so schnell dort hinbringen", sagt Gerd Sowa.

Glück für die Stadt: Das 100 Jahre alte Gebäude ist mit relativ wenig Aufwand wieder in Betrieb zu nehmen. Allerdings soll ab September dort auch eine Gruppe der offenen Ganztagsschule der Grundschule Löhne-Bahnhof einziehen.

Die neue Musikschule wurde der Stadt von der Findeisen-Stiftung geschenkt. Architekt Ulrich Findeisen ist nach Angaben von Gerd Sowa "sehr daran interessiert, schnell eine Lösung zu finden". Unklar ist auch, wer für die Bauschäden verantwortlich ist und haften muss: die Baufirma oder ein Hersteller.

Bernhard Margenberg, Sowas Stellvertreter, stand den ganzen Nachmittag über vor der Schule und informierte die Schüler. In einem ruhigen Moment sagte er leise: "Ich bin sehr traurig."

INFO:
Benzaldehyd riecht nach Angaben des Umweltbundesamtes nach Bittermandel. Es ist als Zusatzstoff etwa in Lebensmitteln zugelassen. Menschen reagieren auf hohe Konzentrationen mit Augen- und Hautreizungen, sowie Atemwegserkrankungen. Im Bau wird der Stoff als Lösungsmittel für Harze verwendet.
Das Umweltbundesamt hat es in sieben Acryl- und sechs Silikondichtmassen, 13 Holzwerkstoffen, sechs Kunstharzfertigputzen, fünf Lacken, sechs Wandfarben, vier Klebstoffen, sowie in OSB-, Gipskarton- und Buchenholzplatten gefunden.
Am häufigsten wird der Stoff in Kunstharzfertigputzen und Fußbodenfarben verwendet. Die Musikschule hat einen Fußboden aus Naturkautschuk.

VON MARTIN FRÖHLICH

http://www.vlothoer-anzeiger.de/startseite/letzte_meldungen_aus_der_region/4372470_Loehne_Giftige_Daempfe_in_Musikschule.html
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Löhne: Giftige Dämpfe in Musikschule

Beitragvon Palau » Dienstag 3. Mai 2011, 23:55

Danke für diesen Hinweis.

Der Artikel gehört auch in die Rubrik: ...Verseuchte Schulen.

Stutzig gemacht hat mich der Hinweis im letzten Satz des Artikels : Fußboden aus "Natur-kautschuk".

Sehr wahrscheinlich handelt es sich nicht um Natur-kautschuk, sondern um einen "Synthese Kautschuk auf Styrol-Butadien Basis", wie er in vielen Schulen verlegt worden ist.
Die nach dem Verlegen dieser Böden aufgetretenen Schadstoff-Probleme in Schulgebäuden waren in den meisten Fällen dadurch verursacht worden, dass der "falsche" Kleber verwendet worden war, wie zum Beispiel im Fall der Realschule in Hagen.
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Löhne: Giftige Dämpfe in Musikschule

Beitragvon Tohwanga » Dienstag 10. Mai 2011, 16:26

http://www.nw-news.de/lokale_news/loehne/loehne/4454186_Der_Boden_muss_doch_raus.html

Der Boden muss doch raus, Rückschlag für Musikschule 07.05.2011
Mit dem Austausch der Fensterdichtungen in der neuen Musikschule ist es nicht getan. Wie Kurator Markus Schmale gestern erklärte, muss nun doch der gesamte Boden im Gebäude raus und ersetzt werden. Der Grund: Das Benzaldehyd, das aus den Fensterdichtungen drang, hat sich inzwischen im Kautschukboden festgesetzt.

Am 6. April hatten Messungen ergeben, dass der Benzaldehydwert in einigen Räumen des Neubaus bei einem Vielfachen des Richtwerts lag. Die Konzentration betrug in manchen Räumen bis zu 450 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Erwünscht sind nur 20.



http://www.nw-news.de/lokale_news/loehne/loehne/4465225_Falscher_Reiniger_spielte_nur_Nebenrolle.html

Falscher Reiniger spielte nur Nebenrolle, Hersteller rudert zurück: Versiegelung der Fenster bleibt Hauptquelle für Benzaldehyd / Bodenaustausch kostet bis zu 70.000 Euro 10.05.2011

Der Boden muss raus, darum kommt die neue Musikschule nicht herum. Offen blieb, wie das Benzaldehyd in den Belag gelangte.

Der Hersteller Nora Systems dagegen erwähnte einen falschen Reiniger, der benutzt wurde. Friedhelm Beiteke, Vertriebsleiter von Nora Systems, bestätigte gestern auf Anfrage, dass man einen Reiniger im Putzmittelraum entdeckt habe, der Benzylalkohol enthält. "Aber das ist nicht die Hauptursache für die Belastung des Bodens mit Benzaldehyd", räumte Beiteke ein.

"Denn als Hauptquelle für die Chemikalie sehen auch wir die Versiegelung der Fenster an."

Bleibt die Frage, warum der selbst ernannte Weltmarktführer für Kautschukböden den Austausch bezahlt, obwohl der Verursacher im Bereich der Fenster zu liegen scheint. "Das ist bei uns Firmenpolitik in solchen Fällen", sagt Beiteke. Gebe es in einem Neubau Probleme mit Schadstoffen, biete man immer sofort an, den Boden auszuwechseln. "Dort setzt sich alles ab."


Wenn ich da an die Schule in Nideggen denke, wo man seit Jahren den Austausch des verseuchten Bodens verhindert, kann ich das nicht verstehen. Zumal da wohl der Hersteller sich für einen Austausch bereit erklären würde. Vielleicht sollten in Nideggen Schulleitung und Bürgermeisterin mal umdenken?
Tohwanga
 


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