Prof. Dr. Christian Wolf
Neue Phänomene
MCS - Multiple Chemical Sensitivity
"Bei sogenannten MCS-Patienten wurden gehäuft psychiatrische Symptome beschrieben (3,20,30,32), die Verstärkung somatischer Symptome soll nach Schottenfeld eine wesentliche Rolle in der Genese dieses vermuteten Syndroms spielen (28). Auch die medizinisch-soziologische Dynamik der MCS-Patienten konnte aufgezeigt werden, wobei Unzufriedenheit mit und in Akzeptanz von psychologischen Erklärungen angenommen wurde (5). Auch präexistente Störungen im Sinn von Depressionen, Panikzuständen und somatoformen Erkrankungen wurden gehäuft bei Personen mit vermuteter MCS gefunden (30). Hinsichtlich der aktuellen Symptomatik bezüglich Depression, somatoforme Erkrankungen und Angst, konnten MCS-Patienten von Kontrollgruppen unterschieden werden (3,4), auch andere Phänomene, wie Kakosmie, Störungen der Gedächtnisleistung wurden bei Fehlen von prämorbiden psychischen Symptomen, gefunden (2,13).....
Es kann nicht übersehen werden, daß eine beträchtliche Zahl von Personen unspezifische Beschwerden in Zusammenhang mit niedrigschwelligen chemischen Belastungen aus dem Arbeits- oder Umweltbereich angibt. Die Schulmedizin sollte daher mit Nachdruck verpflichtet sein, sich dieses Problems mit rationalen und qualitätskontrollierten Methoden anzunehmen. Es sollte Einigkeit darin gefunden werden, daß irrationale Gefährdungsattributionen, welche sich durch tendentiöse Medienberichte und Aussagen selbsternannter Experten ergeben können, zurückzuweisen sind (15). Nach dem Ausschluß anderer möglicher somatischer Ursachen, sollte in adäquaten Provokationsverfahren versucht werden, reproduzierbare Symptome in Abhängigkeit von exogenen Belastungen auszulösen. Sollte tatsächlich eine individuelle Überempfindlichkeit diagnostiziert werden können, ist die Vermeidung der Substanzen die natürliche Konsequenz. Auch im Fall psychogener Ursachen kann eine temporäre Expositionskarenz hilfreich sein.
Werden keine somatischen Ursachen gefunden, können die Beschwerden in der Regel dem Formenkreis der psychopathologischen Phänomene zugeordnet werden. Auch hier ist allerdings zu prüfen, ob die psychische Symptomatik nicht Folge einer anderen somatischen Erkrankung ist. Psychische Erkrankungen sind in diesem Zusammenhang Ausschlußdiagnosen.
Irrationale diagnostische und therapeutische Verfahren - insbesondere die komplette Absonderung der Patienten aus ihrer gewohnten Umgebung - sollten strikt vermieden werden!"
http://www.univie.ac.at/Innere-Med-4/Arbeitsmedizin/MCS.HTM
http://www.univie.ac.at/Innere-Med-4/Arbeitsmedizin/START_gr.htm
http://www.univie.ac.at/Innere-Med-4/Arbeitsmedizin/Forum11.pdf