Obligatorischer Einbindung desPsychosomatikers

Obligatorischer Einbindung desPsychosomatikers

Beitragvon Juliane » Dienstag 23. Juni 2009, 12:42

"TOP 5: Diskussion

Diskussionspunkt 1: Kasuistiken


Herr Prof. Eikmann betont die Notwendigkeit, in den Einzelfällen alle schon

vorliegenden Vorbefunde zu prüfen. Er erläutert das weitere Vorgehen am Beispiel

MCS (Multiple Chemical Sensitivity = multiple Chemikalienunverträglichkeit). Im

Zentrum für klinische Umweltmedizin der Universität Gießen würde bei einem

Patienten, der als Ursache seiner Beschwerden MCS angibt, zunächst geprüft, ob es

Umwelteinwirkungen gibt, welche seine Beschwerden erklären könnten. Dazu

gehören z.B. Vor-Ort-Untersuchungen mit Messungen, humanbiomonitorische

Untersuchungen usw., um eine mögliche Exposition zu objektivieren, was alleine mit

Fragebögen nicht möglich sei. Die Expositionsabklärung sei ein extrem wichtiger

Punkt, egal mit welchen Erklärungsmustern ein Patient zu ihm käme.

Es reiche Herrn Prof. Eikmann nicht aus, dass ein Patient das Mobiltelefon oder

Sonstiges als Ursache der Beschwerden angibt. Es müsse vielmehr mit vielen

weiteren Erkundungen geprüft werden, ob andere Erklärungsmuster vorliegen

können. Offene klinische Befunde müssten auch mit den beteiligten Ärzten

objektiviert und weiter abgeklärt werden. Erst in einer gemeinsamen Besprechung

der beteiligten Fachärzte unter obligatorischer Einbindung eines Psychosomatikers

würde der individuelle Fall dann beurteilt. Herr Prof. Eikmann ergänzt, dass viele

seiner MCS-Patienten oder auch Patienten, die ihre Beschwerden auf

Zahnersatzmaterial zurückführen, die gleichen Beschwerden äußern, wie sie von

Frau Waldmann-Selsam beschrieben werden. Prof. Eikmann macht deutlich, dass es

nicht angemessen sei, eine gebotene Erklärung „einfach so“ anzunehmen. Explizit

spricht Prof. Eikmann kritisch das „Gutachten“ eines Arztes im Fall Bücher an, in dem

dieser eine kausale Verknüpfung bestätigt. Prof. Eikmann äußert sein

diesbezügliches Unverständnis, da der betreffende Kollege seiner Ansicht nach eine

solche Feststellung so nicht treffen könne und verweist auf Gerichtsverfahren, in

denen seiner Erfahrung nach derartige „Atteste“ keinen Bestand hätten.

Für Herrn Prof. Eikmann ist die Aufklärung des tatsächlichen Umweltbezugs das A

und O und da liege in Deutschland der allergrößte Mangel. Es reiche nicht aus, sich

über Internetrecherche o.ä. sachkundig zu machen, sondern man müsse viel

Erfahrung auf dem Gebiet haben und tief in die Materie einsteigen.

Herr Prof. Nowak stimmt Herr Prof. Eikmann zu. Wenn Patienten mit bestimmten

Kausalitätsvorstellungen kämen, müsse das objektiviert und - wenn möglich und

technisch praktikabel – experimentell überprüft werden. Ziel müsse in jedem Fall

sein, die Wahrheit herauszufinden, da nur so wirkliche Hilfe für den Patienten

möglich sei.....


Zum weiteren Vorgehen schlägt Herr Prof. Nowak vor, zu versuchen, eine kleine,

aber hochwertige Zahl von Kasuistiken zusammenzutragen, mit denen ggf. gezeigt

werden könnte, dass es Menschen gibt, die überempfindlich reagieren. Sollte dies

gelingen, wäre mit einer derartigen positiven Kasuistik für die betreffenden Patienten

viel gewonnen. Diese Absicht ginge allerdings dann ins Leere, wenn Patienten zu

entsprechenden Untersuchungen nicht bereit sind. Herr Prof. Nowak spricht noch

einen weiteren Punkt an, der ihm am Herzen liegt: In seinen Augen sei es keinesfalls

zielführend und angebracht, psychische bzw. psychosomatische Erklärungsmuster

als „bloß psychisch“ abzuwerten. Er legt großen Wert auf die Feststellung, dass

nichtsomatische Erklärungsmodelle mit gleicher Würde und Ernsthaftigkeit zu

behandeln seien wie rein somatische. Sie müssen für Mediziner äquipotent und

äquivalide sein.


http://www.emf-forschungsprogramm.de/veranstaltungen/Internet_DMF_Protokoll_Fallbeispiele_020806_111206.pdf
Juliane
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Obligatorischer Einbindung desPsychosomatikers

Beitragvon Jolokia » Dienstag 23. Juni 2009, 21:39

Ich erinnere an diesen Thread

viewtopic.php?t=6859

Mein Eintrag damals:
Expertenforum mit C. Herr und Th. Eikmann - 29.07.2008, 08:53:33


Frau Prof. Caroline Herr hat mir geantwortet. Wenn Ihr jetzt noch nicht ganz wach seid, werdet Ihr gleich wach sein.

Sehr geehrte Frau Prof. Herr, sehr geehrter Herr Prof. Eikmann
Sie weisen in einer vorangegangenen Frage darauf hin, dass die Umweltmedizinische Ambulanz an der Uni Gießen die komplette Palette der medizinischen Diagnostik im Rahmen einer Vorstellung im Hessischen Zentrum für Klinische Umweltmedizin bietet.

Wie viele Fälle von MCS (ICD-10 T78.4) konnten Sie in den vergangenen Jahren in Ihrer Umweltambulanz in Giessen diagnostizieren?

Welche Therapien bieten Sie den von Ihnen diagnostizierten MCS Patienten an?
Ist Ihre Umweltambulanz zwischenzeitlich umweltkontrolliert, im Sinne von Duftverbot, Einsatz von Luftfiltern, schadstoffarme Ausstattung, etc.?

Vielen Dank für eine Beantwortung meiner Fragen,
Jolokia

Antwort Prof.Herr - 28.07.2008 15:39

Ihre Fragen zur Ausstattung werden Ihnen bei einem persönlichen Gespräch mit der Ambulanz in Gießen beantwortet werden. Bisher haben wir kein Patienten mit dieser Diagnose. Es fanden sich immer andere Erklärungen für die beklagten Beschwerden.
Jolokia
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Obligatorischer Einbindung desPsychosomatikers

Beitragvon Karlheinz » Mittwoch 24. Juni 2009, 07:44

Grundsätzlich sollte man in der Tat bedenken, dass man sich mit seinen Ursachenvorstellungen irren kann. Ich dachte viele Jahre, ich litte an an einer psychosmomatischen Erkrankung, später hatte ich mein Amalgam in Verdacht (was ich als auch weiterhin nicht als krankheitsfördernd ausschließen will) und als Daunderers Allergieteste alle positiv waren, hatte ich erst nach einigen deutlichen Worten des Meisters erwogen das entfernt als Ursache in Betracht zu ziehen. Überwiegend tendierte ich jedoch zu "D. spinnt". Überzeugt haben mich dann relativ schnell die Wirkungen von dauerhafter Frischluftzufuhr.

Es kann sicher vorkommen, dass jemand, der glaubt MCS zu haben, was anderes hat, wenn es keinen eindeutigen Zusammenhang zw. Beschwerden und Exposition gibt.

Solange man MCS nicht irgendwie meßtechnisch nachweisen kann, sehe ich nicht, wie Eickmanns Bemühungen zu etwas führen sollen. Um einigemaßen beurteilen zu können, ob jemand, der meint MCS zu haben, tatsächlich MCS hat, braucht man zumindest irgendeine Einrichtung mit sauberer Luft, wo man die Betroffenen probeweise unterbringen kann. Da das kein Krankenhaus o.ä. sein muß ginge das auch relativ kostengünstig.

Das Problem mit den "Psychosomatikern" ist, dass sie keine Möglichkeit haben zu lernen, hypothetisch "echte" psychosomatische Fälle (was immer das sein mag) von MCS zu unterscheiden. Solange sie das nicht können, macht es auch keinen Sinn sie hinzuzuziehen. Außer vielleicht als Bestandteil eines Rituals um in gewissen Kreisen als Anhänger der richtigen Lehre (Wissenschaft) erkennbar zu sein.
Karlheinz
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