"Sabina. Sadebaum. Pinaceae.
Juníperus sabína L.
Wirkung
Paracelsus (Paracelsus Sämtl. Werke, Bd. 1, S. 350, Bd. 2, S. 97, 434, 586, 632, Bd. 3, S. 553, 564, 848.) widmet der Sabina ein ganzes Kapitel, in dem er sie als wundreinigendes Mittel, stärkstes Emmenagogum und Diuretikum schildert.
Nach Bock (Bock, Kreutterbuch, 1565, S. 394.) wirkt der Sadebaum diuretisch, gegen Ikterus und treibt "die todte geburt"; lokale Anwendung findet er bei Ulzerationen, "fließenden alten schäden", Kopfgrind, Hautflecken und Kopfschmerz mit Vertigo.
Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 32.) schreibt, daß er "der Frawen zeit mit Gewalt" treibe, "auch den Harn so hefftig / daß bißweilen Blut mit gehet". Gegen Asthma und kurzen Atem wird er von Matthiolus sehr empfohlen, äußerlich bei Karbunkeln, Schwerhörigkeit, Tenesmus ani.
Weinmann (Weinmann, Phytanthoza iconographia, Bd. IV, S. 251, Regensburg 1745.) schreibt u. a. über den Sadebaum: "Ihr (der Blätter, Verf.) Hauptnutzen besteht darinnen, daß sie den Urin, Stein, Monathliche Zeit, todte Frucht, wie auch die Nachgeburth forttreiben. Man hat aber sehr vorsichtig darauf acht zu haben, daß dieses recht heroische Mittel in solcherley Zufällen verdächtigen Weibs-Persohnen nicht ausgegeben werde, weil sie gemeiniglich damit umgehen, die Kinder abzutreiben."
Hufeland (Hufeland, Enchir. med., S. 308, 362, 370, 378, 389, 417, 434; Journal, Bd. 1, S. 166. Bd. 2, Tl. 1, S. 462, Bd. 9, I., S. 123, Bd. 12, IV., S. 113, Bd. 15, I., S. 67, Bd. 19, II., S. 95, Bd. 27, IV., S. 162.) wendet Sabina als Diuretikum, Antiskrofulosum, Emmenagogum und gegen Kondylome (hier benutzt man die gepulverten Summitates Sabinae) an, in frischem Zustande gegen Gicht, und zwar in Dosen von 1,85-1,25 g. Letzterer veröffentlicht auch einen Bericht seines Schülers Bayler über Sabina bei Erkrankungen des Uterus, und von Renard über Sabina gegen Osteosarkome.
Die Homöopathen schätzen Sabina bei ovario-uteriner Reizung, Meno- und Metrorrhagien, drohendem Abort, Metritis, Leukorrhöe, Tripper und Adnexentzündung (Hughes-Donner, Einf. in die homöop. Arzneimittell., S. 188; Stauffer, Homöop. Taschenb., S. 291.).
Die Zweigspitzen von Sabina enthalten 3-5% ätherisches Öl, dessen wirksamster Bestandteil (etwa 50%) das Sabinol ist (Wasicky, Lehrb. d. Physiopharm., S. 767.) (Sabinol ist identisch mit Thujol, Tanacetol und Salviol). Auf die Haut gebracht, wirkt das Öl stark reizend und verursacht erysipelatöse Entzündung (Hoffmann, Berl. kl. Wschr. 1904, S. 960.). Auf der Netzhaut zeigen sich zahlreiche Blutungen, die Papillae sind geschwollen (Weisenberg u. Wilimzik, Kl. Mbl. Augenheilk. 1924, Bd. 73, S. 476.). Bei peroraler Vergiftung treten Vomitus, hämorrhagische Diarrhöen, Strangurie, u. U. Hämatemesis, Hämaturie auf, Gastritis bis zur Magenperforation, Abdominalhyperämie, Nieren-, Blasen- und Uterus-Ekchymosen, Gehirnhyperämie, Peritonitis, dazu stertoröses (schnarchendes) Atmen, Krämpfe, Anästhesie, Koma (Kobert, Lehrb. d. Intoxik., S. 360.). Die charakteristische Wirkung des Sabinaöles jedoch ist die Veranlassung des Abortus, die nicht auf direkter Uterusbeeinflussung beruht - Sabinainfus und Sabinol verursachen am Meerschweinchenuterus Aufhören der spontanen Kontraktionen (Kagaya, Naunyn-Schmiedebergs Arch. 1927, Bd. 124, S. 245.) -, sondern durch die starke Hyperämie der Beckenorgane hervorgerufen wird. Nach Geßner (O. Geßner, Gift- und Arzneipflanzen von Mitteleuropa, S. 198, Heidelberg 1931.) tritt der Tod fast bei der Hälfte aller Vergiftungen ein in tiefer Bewußtlosigkeit, meist erst nach 10 Stunden bis mehreren Tagen. Die Behandlung der Vergiftung besteht in 1. Brechmitteln, Abführmitteln, Spülungen und Steigerung der Schweißsekretion, Beförderung der Giftausscheidung, 2. innerlich in schleimhaltigen Mitteln, aber keine Fette oder Alkohol wegen der Gefahr der Resorptionssteigerung, bei Krämpfen in vorsichtigen Gaben von Chloralhydrat. Bei drohender Kreislauf- und Atemlähmungen gibt man Analeptika, gegen die Nierenschädigung reichliche Flüssigkeitszufuhr, sowie salinische Diuretika.
Neben dem Sabinol enthält das ätherische Öl noch l-Sabinen, Terpinen, α-Pinen, Ameisensäure und Essigsäure (Wehmer, Pflanzenstoffe, I, 1929, S. 47.).
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Die innere Anwendung bei Amenorrhöe hat man wegen der starken Vergiftungsgefahr völlig verlassen. Äußerliche Anwendung findet Oleum Sabinae zu Salben, Pflastern und Einreibungen zur Beförderung des Haarwuchses, bei Alopecie, bei Neuralgien und Lähmungen. Das reine Öl erzeugt, äußerlich angewendet, erisypelatöse Erscheinungen, wobei gleichzeitig resorptive Vergiftungen auftraten. Das Öl darf darum bei der äußeren Anwendung nur in 1%igen Verdünnungen gebraucht werden. Lokal wird Pulvis Summitatum Sabinae noch heute gern gegen Feigwarzen gebraucht.
Die innerliche Anwendung ist heute im wesentlichen nur in der Homöopathie üblich. In der Verdünnung Dilutio D 4 wird es bei drohendem Abort und Uterusblutungen, insbesondere Menorhagien (hellrote klumpige Blutungen mit Zerschlagenheitsgefühl im Kreuz und in den Oberschenkeln und Blasenschwäche) gegeben. Weiter verordnet man es bei rheumatischen und gichtischen Affektionen, namentlich am Handgelenk und an den Zehen, Knochenschmerzen, Blasen- und Nierenleiden mit Strangurie."
http://www.henriettesherbal.com/eclectic/madaus/juniperus-sabi.html