Habe jetzt die Genehmigung vom Bundesverband Neurodermitiskranker in Deutschland e.V. .
http://www.neurodermitis.net/
Quellenangabe: Zeitschrift \"neurodermitis\", Nr. 60, Oktober 2012
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[b][size=12]DAK Gesundheit – „Für jede Lebenssituation maßgeschneidert – Ausgezeichnete Leistungen“ auf Patientendeutsch: Willkürliche Diskriminierung von Umwelt- und Allergiekranken[/b][/size]
Seit geraumer Zeit berichten uns zahlreiche Verbandsmitglieder, die an Allergien und umweltbedingten Erkrankungen leiden, dass seitens ihrer Krankenkasse, der DAK, der Zugang zur Spezialklinik Neukirchen erschwert wird. Aufgrund der Vielzahl an herangetragenen Berichten und der Tatsache, dass es sich hier um ein zugelassenes Krankenhaus nach § 108 SGB V handelt, welches seit über 20 Jahren unumstritten gute Behandlungsergebnisse erzielt, nahmen wir die Berichte unserer Mitglieder unter die Lupe und recherchierten umfassend den Sachverhalt.
Zunächst setzten wir uns mit der Verwaltung der Spezialklinik Neukirchen in Verbindung und fragten an, inwiefern sich die Zusammenarbeit mit der DAK darstellt. Daraufhin wurde uns berichtet, dass entgegen der getroffenen Vereinbarung aus dem Jahr 2009 die DAK ab 2011 in nahezu jedem zweiten Behandlungsfall eine nachträgliche MDK-Prüfung veranlasst hat. Diese „Prüfwut“ hat für die Spezialklinik Neukirchen zur Konsequenz, dass sie zur Zeit mit massiven Behandlungskostenrückforderungen seitens der DAK konfrontiert wird und in zeitraubende Widerspruchsverfahren eingestiegen ist. Als Kompromisslösung wurde Anfang des Jahres vereinbart, dass Patienten, die an umweltbedingten Erkrankungen leiden und in der Spezialklinik Neukirchen aufgenommen werden sollen, vorab vom MDK nach Aktenlage „geprüft“ werden – auch wenn der behandelnde Hausarzt die stationäre Einweisung bereits verordnet hat.
Unsere Nachforschungen ergaben nun, dass dieser MDK in bislang allen zur Prüfung erhaltenen Umwelt-Fällen eine stationäre Behandlung in der Spezialklinik Neukirchen abgelehnt hat – allerdings ohne den betroffenen Patienten je gesehen zu haben (!). Stattdessen verwies er pauschal auf ambulante Maßnahmen, teilweise sogar im Selbstzahlerbereich. In allen abgelehnten Fällen schloss sich die DAK vollumfänglich der MDK-Empfehlung an, obwohl gesetzlich der DAK die alleinige Leistungsentscheidung obliegt.
Ein Teil der Betroffenen ließ sich trotz ihres schwer beeinträchtigten Gesundheitszustandes diese einzigartige und zudem beispiellose Willkürhandlung nicht gefallen und setzten sich mittels juristischem Beistand entschlossen zur Wehr – mit Erfolg, wie die nachfolgenden Fallbeispiele belegen:
[b]Frau D. aus Hessen, 26 Jahre: [/b]
Die junge Frau leidet seit ihrem 20. Lebensjahr an der schweren Autoimmunkrankheit „Systemischer Lupus erythematodes“ und obwohl sie sich seit Ausbruch der Beschwerden zahlreichen immunsuppressiven Behandlungen unterzogen hat, griff die Krankheit im Laufe der Jahre auf verschiedene Körperorgane und die Gelenke über.
Frau D.s Gesundheitszustand verschlechterte sich im vergangenen Winter derart, dass sie ihren Beruf als Bankfachwirtin nicht mehr ausüben konnte. Da zu diesem Zeitpunkt alle zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft waren und die Spezialklinik Neukirchen für die Behandlung von Autoimmunkrankheiten wie den Lupus erythematodes zugelassen ist, veranlasste ihr behandelnder Hausarzt die stationäre Einweisung in diese Einrichtung.
Vereinbarungsgemäß stellte Frau D. im Mai den Kostenübernahmeantrag und überließ der DAK alle ihre Behandlungsunterlagen.
Dieser Antrag wurde dem MDK zur Prüfung vorgelegt - sein Fazit: [i]„Der MDK kommt in seinem medizinischen Gutachten zu dem Ergebnis, dass eine medizinische Notwendigkeit für die beantragte Maßnahme nicht besteht .... Ein akutes Krankheitsbild, das aufgrund seiner Schwere und aus medizinischen Gründen der stationären Aufnahme und Unterbringung in einem Akutkrankenhaus bedürfte, ist anhand der vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich“. [/i] Das hierauf basierende Ablehnungsschreiben der DAK liegt der Redaktion vor, Zitat: [i]„Nach Würdigung aller vorliegenden Unterlagen kommt der MDK zu dem Ergebnis, dass die vertragsärztliche Versorgung im ambulanten Bereich Vorrang vor stationärer Behandlung hätte. Die DAK-Gesundheit schließt sich der Meinung des MDK an.“ [/i]
Frau D. wandte sich in Folge dieser Ablehnung an unseren Verband und wir berieten sie hinsichtlich der weiteren juristischen Vorgehensweise. Frau D. mandatierte sodann einen Rechtsanwalt, der in Zusammenarbeit mit dem behandelnden Hausarzt noch im außergerichtlichen Verfahren die Kostenübernahme für die Behandlung in der Spezialklinik Neukirchen erwirken konnte.
[b]Frau O. aus Berne, Niedersachsen, 43 Jahre: [/b]
Frau O. war in ihrem Beruf als Tischlerin über viele Jahre hinweg Schadstoffen und toxischen Metallen ausgesetzt. Hierdurch entwickelte sie eine MCS-Erkrankung (multiple Chemikaliensensitivität) und zudem, wegen einer durchgemachten Borrelieninfektion, trat eine CFS-Erkrankung (chronisches Müdigkeitssyndrom) auf. 2003 ereignete sich dann der völlige körperliche Zusammenbruch. Frau O. war über Monate bettlägerig und durchlebte eine wahre Ärzte-Odyssee – vom Internisten zum Allergologen, vom Neurologen zum Psychologen – aber kein Arzt konnte ihr wirklich helfen.
Frau O. verlor zu dieser Zeit nicht nur ihre Arbeit, durch die Folgen des körperlichen Zusammenbruchs hatte sie auch kaum mehr Teilhabe am sozialen Leben. Nur wenige Weggefährten blieben ihr und auch ihren einst so geliebten Reitsport musste sie aufgeben. Vor zwei Jahren wurde Frau O. schließlich berentet, obwohl gesund zu werden, um in ihr altes Leben zurückzukehren, ihr größter Wunsch war.
Erst ein 2010 aufgesuchter Umweltmediziner konnte durch spezielle immunologische Diagnoseverfahren die richtigen Therapieschritte einleiten. So wurde bei Frau O., neben einer Störung der Stoffwechselregulation, festgestellt, dass sie genetisch bedingt gar nicht in der Lage ist mit Hilfe der körpereigenen Entgiftungssysteme erworbene chemische und mikrobiologische Noxen (= Stoff mit pathogener und schädigender Wirkung; die Red.) abzubauen.
Aufgrund ihrer komplexen Krankheitssymptomatik attestierten ihre behandelnden Ärzte die Notwendigkeit einer Membranfiltrations-Apherese in einer ambulanten Facheinrichtung sowie einer stationären Behandlung in der Spezialklinik Neukirchen.
Die DAK lehnte jedoch den diesbezüglich gestellten Kostenübernahmeantrag von Frau O. ab, obwohl die Spezialklinik Neukirchen für die Behandlung der MCS- und CFS-Erkrankung konzessioniert ist. Gestützt wird der Ablehnungsbescheid auf die folgende MDK-Aussage: [i]„Inwieweit aktuell und konkret ambulante fachärztliche Versorgung erfolg,t lässt sich nicht nachvollziehen. ... das Vorliegen einer Umweltkrankheit ist nicht nachvollziehbar ...“[/i]. Zu betonen ist hier, dass der Gutachter keine Fachausbildung für Umweltmedizin besitzt und seine Aussage im krassen Gegensatz zu der Begründung des behandelnden Arztes vom 25.06.2012 steht, welcher die [i]„Notwendigkeit zur Durchführung der therapeutischen Apherese bei chronisch inflammatorischer Mult-Systemerkrankung unter Berücksichtung der nicht effektiven Standardtherapie“[/i] betont und [i]„Ebenfalls ist eine 3-wöchige Nachbehandlung im Krankenhaus Neukirchen dringend notwendig um nach den Apheresen eine Stabilisierung und eine Neueinstellung des Stoffwechsels einzuleiten.“[/i] beantragt.
Auch im Widerspruchsverfahren blieb die DAK bei ihrer Ablehnung und somit war Frau O. gezwungen juristische Schritte einzuleiten. Wegen der Dringlichkeit der abgelehnten Behandlungsmaßnahmen wurde schließlich im Rahmen einer einstweiligen Verfügung die DAK zur Kostenübernahme verpflichtet. Zu den Entscheidungsgründen teilte das Sozialgericht mit, dass insgesamt sechs Befundberichte eingeholt wurden und die von Frau O. beantragten Therapiemaßnahmen [i]„pathophysiologisch sowie klinisch absolut begründet sind“. [/i]
Frau O. konnte kürzlich mit erheblicher Verspätung sowohl ihre Apherese-Therapie als auch den stationären Aufenthalt in der Spezialklinik Neukirchen antreten. „Es wurde höchste Zeit“. Sie bestätigte uns kürzlich, dass sie nach dem oben genannten Aufenthalt in der Spezialklinik Neukirchen eine deutliche Symptombesserung erlebt hat.
[b]Frau Z. aus Nordrhein-Westfalen, 49 Jahre:[/b]
Frau Z. leidet seit vielen Jahren an polymorbiden umweltbedingten Beschwerden und Allergien, weshalb sie sich in konsequenter ambulanter Betreuung bei verschiedenen Fachärzten befand. Auch erfolgte bereits 2005 ein Behandlungsversuch in einer universitären umweltmedizinischen Abteilung. Aufgrund der sich verschlimmernden Symptomatik wurde ihr zur Optimierung der bisherigen Diagnostik sowie Therapieintensivierung ihrer MCS-Erkrankung (multiple Chemikaliensensitivität) und Nahrungsmittelunverträglichkeiten die Behandlung in der Spezialklinik Neukirchen empfohlen. Wie die Patientin selbst berichtet, konnte eine andere klinische Einrichtung, die die erforderliche Labordiagnostik und Behandlung vornimmt, von ihren behandelnden Ärzten nicht ermittelt werden.
Vereinbarungsgemäß beantragte Frau Z. im vergangenen April bei der DAK die Kostenübernahme und ihre Behandlungsunterlagen wurden an den MDK weitergeleitet. Auch in diesem Fall konnte der MDK „keine Notwendigkeit für die Behandlung in der Spezialklinik Neukirchen“ erkennen. Jeglicher Logik entbehrend empfahl der MDK stattdessen das Aufsuchen einer Umweltambulanz, welches die Patientin selbst zu bezahlen hätte.
Nachdem Frau Z. bei der DAK gegen diese Entscheidung protestierte, musste sie sich von der dortigen Sachbearbeiterin die Vermutung gefallen lassen, dass sie „eher psychisch krank“ sei. Da der Erfolg eines Widerspruchs gegen die Entscheidung des Medizinischen Dienstes von der DAK als „wohl eher aussichtslos“ bezeichnet wurde, reichte Frau Z. Anfang Juli eine sachlich detaillierte Vorstandsbeschwerde an die DAK ein, die der Redaktion vorliegt. Wir geben diese auszugsweise weiter:
[i]„… Seit 34 Jahren und damit mein gesamtes Berufsleben bin ich bereits bei der DAK krankenversichert, seit mehreren Jahren freiwillig.
… Trotz Diagnosestellung und Verordnung / Einweisung meiner beiden mich langjährig behandelnden Ärzte wird mir die Behandlung in einem staatlich anerkannten Krankenhaus verwehrt. Alternativen für eine ausführliche Labor-Diagnostik und adäquate Behandlung werden nicht genannt.
… Es besteht wohl auch wenig bis kein Interesse an einer Gesundung bzw. Gesunderhaltung ihrer Mitglieder. Es erscheint wichtiger, Patienten in einem Chroniker-Programm zu halten und so entsprechend höhere Beiträge aus dem staatlichen Gesundheitsfond zu erhalten.
... Mir war immer und ist es weiterhin sehr wichtig, arbeitendes Mitglied dieser Gesellschaft zu sein. Allerdings habe ich auch den Anspruch, ein halbwegs gesundes Mitglied dieser Gesellschaft zu sein und am sozialen Leben teilzunehmen. Das ist mir seit vielen Jahren kaum möglich und wird mir durch Ihre Ablehnung meiner Behandlung in einem spezialisierten Krankenhaus nun auch noch weiterhin verwehrt.
…Wenn ich überschlage, wie viel DM/EUR an Beiträgen ich während meiner 34-jährigen DAK-Mitgliedschaft in die sog. „Krankenversicherung“ eingezahlt habe, so überkommt mich eine gewisse Bitterkeit, dass nun, da ich unverschuldet krank geworden bin, diese Versicherung für meine Behandlung nicht aufkommen will.
… Ich würde mich sehr über eine Stellungnahme Ihrerseits freuen“. [/i]
Bis Redaktionsschluss wurde die Vorstandsbeschwerde seitens der DAK nicht beantwortet, weshalb auch Frau Z. zur Durchsetzung ihrer Rechte einen Anwalt beauftragt hat. Wir drücken ihr die Daumen und werden auch in diesem Fall für unsere Leser weiter berichten.
Wenn man bedenkt, dass die Krankenkassen dafür sorgen müssen, dass ihre Versicherten medizinisch so versorgt werden müssen, wie es für ihre Behandlung notwendig ist, hinterlassen die recherchierten Fälle einen bitteren Nachgeschmack.
Es stellt sich die Frage, warum die DAK diesen Kurs eingeschlagen hat. Geldnot kann es zumindest nicht sein, denn jüngst äußerte Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse: [i]„Krankenkassen und Gesundheitsfonds stehen derzeit finanziell sehr gut da. Es gibt keinen Grund, den Kranken sinnlos in die Tasche zu greifen“ [/i](Focus online, 12.08.2012). Einem aktuellem Bericht des „Spiegel“ zu Folge sparten die Kassen allein im ersten Halbjahr 2012 einen Betrag von über 2,7 Milliarden Euro an, wobei insgesamt eine Rekordreserve von 21,8 Milliarden Euro besteht. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr rief daher die Kassen auf, das Geld an die Versicherten zurückzugeben bzw. diese sollten durch [i]„Leistungsverbesserung und Prämienausschüttungen profitieren“.[/i]
Stattdessen zwingt nun die DAK verzweifelte Mitglieder zur Wahrung ihrer Rechte an Selbsthilfegruppen zu appellieren bzw. kostspielige Anwaltsverfahren einzuleiten. Die Lage ist umso unverständlicher, wenn wir wissen, dass alle anderen Krankenkassen den Zugang in die Spezialklinik Neukirchen zur Behandlung therapieresistenter Umwelt- und Hauterkrankungen seit 25 Jahren gewähren. Was sind dann die Beweggründe für diese beispiellose / einmalige Sonderbehandlung?
Wir werden diese Entwicklung weiter verfolgen und ggf. weitere brisante, willkürliche Ablehnungsfälle an die Öffentlichkeit (Bildzeitung, Internet) bringen.
(Die vollständigen Namen und Anschriften der Betroffenen liegen der Redaktion vor.) Die Redaktion
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- Editiert von Miss Excel am 05.11.2012, 14:08 -